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Feldmark und Fusternberg

Der Geltungsbereich des Weseler Stadtrechts endete im Mittelalter nicht an den Stadtmauern, sondern weit davor an den sogenannten Friedenspfählen. Im Jahre 1481 erweiterte ein Privileg des Herzogs von Kleve den Stadtbezirk vor allem im Norden und Osten erheblich.Statt kurz hinter der Straßeneinmündung Reeser Landstraße/Hamminkelner Landstraße endete nun der Bezirk hinter der Aue am Leygraben vor Flüren, im Osten und Südosten an der Inneren Landwehr und im Süden wie schon zuvor an der Lippe. Diese Grenzen galten nahezu unverändert - läßt man einmal den Rayongewinn südlich der Lippe außer Betracht - bis 1969. Im städtischen Außenbereich, der sogenannten Feldmark, lagen im Norden, Osten und Südosten seit alters einige Höfe und Katstätten. Sie befanden sich in einiger Entfernung zum Rayonbezirk der Festung und unterlagen damit nicht der Niederlegungspflicht bei Gefahr für die Festung. In der Feldmark entwickelten sich im Laufe der Zeit zwei Siedlungsschwerpunkte: im Norden die heutige Feldmark und im Osten das heutige Fusternberg.

Die Siedlungsbezeichnungen Feldmark und Fusternberg setzten sich erst im Laufe des 19. Jahrhunderts durch; im 18. Jahrhundert sprach man die Siedlungen in der städtischen Feldmark noch über ihre Torlage an: vor dem Klever und Brüner Tor (Feldmark), vor dem Berliner Tor (Fusternberg) sowie vor dem Rheintor (die im Zweiten Weltkrieg untergegangene Rheinvorstadt um den alten Sicherheitshafen). 1792 lebten vor dem Brüner und Klever Tor 131, vor dem Berliner Tor 183 und in der Rheinvorstadt 269 Personen. Knapp 70 Jahre später, 1858, zählte die gesamte Feldmark 1.111 Einwohner, die mehrheitlich in Fusternberg angesiedelt waren. Aufgrund der starken Bevölkerungszunahme im Laufe des 19. Jahrhunderts beschlossen die zuständigen Pfarrgemeinden, in den Außenbereichen Schulen zu errichten. Vor 1860 gab es je eine evangelische und katholische Volksschule in Fusternberg. Die evangelischen Feldmarkschulen I und II (Holzweg und Brüner Landstraße) nahmen 1891 bzw. 1901 den Unterricht auf.

Die katholische Feldmarkschule am Mühlenweg folgte 1902. Darüber hinaus entstand 1920 in der Feldmark eine katholische Notkirche, Herz Jesu. Sie wich 1952 einem Neubau und wurde Zentrum der im Jahr zuvor neu eingerichteten Pfarre. In Fusternberg wurde 1947 das ehemalige Fort in eine katholische Notkirche als Übergangslösung für die zerstörte Pfarrkirche St. Mariä Himmelfahrt umgebaut. Diese Notkirche wurde 1958 zur Pfarrkirche der seit 1964 selbständigen Pfarrgemeinde Zu den Heiligen Engeln ausgebaut. Zum selben Zeitpunkt erlangte auch die Pfarrgemeinde St. Franziskus Selbständigkeit. Die Kirche im Schepersfeld wurde 1959 geweiht. Die Gnadenkirche in Fusternberg, ein Geschenk der amerikanischen "Presbyterian church", konnte Ende 1949 ihrer Bestimmung übergeben werden. Die in der Feldmark erbaute evangelische Friedenskirche wurde 1965 eingeweiht.

In der Feldmark und in Fusternberg lebte man vor dem Zweiten Weltkrieg überwiegend von der Landwirtschaft. Die Gartenbauerzeugnisse dienten vornehmlich der Versorgung der Weseler Bevölkerung. Im 19. Jahrhundert wurde im hinteren Bereich der Aue eine Ziegelei (Tenhompel, später Block) errichtet, die bis in die 1950er Jahre produzierte. Einen Haltepunkt an der Eisenbahnlinie Oberhausen-Arnheim erhielt die Feldmark erst im 20. Jahrhundert. In Fusternberg wurde 1886 an der Lippe ein Wasserwerk in Betrieb genommen, dass die Stadt Wesel siebzig Jahre lang mit Wasser versorgte und heute als Industrie- denkmal besichtigt werden kann.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Feldmark und Fusternberg erheblich ausgebaut. Die Siedlung Feldmark war in das Städtebauprogramm des Landes NRW aufgenommen worden. Für die Atrium-Siedlung an der Rastenburger Straße wurde schon 1960 der Grundstein gelegt. 1961 erfolgte die Grundsteinlegung des ersten Bauabschnittes nördlich der Kirche Herz Jesu, der 1963 abgeschlossen wurde. Ein kleines Stadtteilzentrum mit Marktplatz für die stetig wachsende Einwohnerschaft wurde eingerichtet; erster Markttag war der 5. Dezember 1968. Das alte Weseler Gymnasium, heute Konrad-Duden-Gymnasium, siedelte 1978 in das neue Schulzentrum Nord über, das auch eine Realschule und Hauptschule beherbergt.