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Stichtag: Februar 1945 - Bombenangriffe auf Wesel

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Mit dem gescheiterten Versuch der Alliierten, im Frühherbst 1944 bei Arnheim den Rhein zu überqueren, kam der Zweite Weltkrieg auch der Westgrenze des Kriegsverursachers – des Deutschen Reiches – näher. Und Wesel rückte nun in den Fokus der Alliierten. Seit dem 22. September 1944 gab es immer wieder kleinere Luftangriffe auf die Stadt, denen auch zahlreiche Menschen zum Opfer fielen. Während Kleve und Emmerich, die direkt am Kampfgebiet der Luftlandeoperation in Arnheim lagen, wie Arnheim und Nimwegen auch schwer zerstört wurden, kam Wesel vergleichsweise glimpflich davon.

Das änderte sich, als die Alliierten Anfang 1945 begannen, den Rheinübergang am Niederrhein vorzubereiten. Am 1. Februar 1945 bombardierte ihre Luftwaffe die Stadt. Getroffen wurde vor allem die Hohe Straße von der Pergamentstraße bis zur Post am Berliner Tor sowie die Gegend rund um den Entenmarkt. Am 10. Februar traf es die Korbmacherstraße und die Gegend um das Amtsgericht in der Ritterstraße. Am 14. Februar wurde die zuletzt häufiger bombardierte Rheinbabenbrücke getroffen und war für Fahrzeuge nicht mehr passierbar.

Gegen Mittag des 16. Februar wurde zuerst Rees und dann Wesel von Bomberverbänden angegriffen. In mehreren Wellen warfen sie Bombenteppiche und zerstörten große Teile der historischen Innenstadt sowie die angrenzenden Wohngebiete im ehemaligen Festungsbereich. Die Stadt brannte, obwohl keine Brandbomben geworfen wurden, wegen der umgestürzten Öfen an vielen Stellen lichterloh. Über ihr stand eine gewaltige Rauchwolke, in deren Sog Staub und Papiere von der Stadt weit auf das Land hinaus gewirbelt wurden. Nach dem Angriff flüchteten die Menschen in Scharen aus der brennenden Stadt, um in der näheren Umgebung Unterschlupf zu suchen. Die Zurückbleibenden versuchten trotz der immer wieder explodierenden Zeitzünder Verletzte zu bergen und Verschüttete zu befreien. Die Straßen lagen voller Schutt, die Brände konnten wegen Wassermangels nicht gelöscht werden. Einzig am Großen Markt standen noch, wenn auch erheblich beschädigt, die Häuser. Der Willibrordidom hatte, im Gegensatz zu den anderen Kirchen, keine schwereren Treffer erhalten.

Am nächsten Tag gab es keine Angriffe; die Menschen suchten in den Trümmern, bargen ihre Nachbarn und Verwandten, Habseligkeiten und versuchten, eine Abmeldung zu bekommen, damit sie Wesel ordnungsgemäß verlassen konnten.

Am 18. Februar, einem Sonntag, gingen die Bergungen weiter. Gegen Mittag gab es einen erneuten heftigen Angriff, der neben Zerstörung auch zahlreichen Helfern und Suchenden den Tod brachte. Nach diesem Angriff wollten die Überlebenden nur noch weg. Sie fanden entweder in der Umgebung eine Bleibe, fuhren zu Freunden und Verwandten oder wurden mit Zügen gen Norden und Osten evakuiert.

Am Nachmittag des 19. Februar flogen die Alliierten wieder schwere Luftangriffe auf die nun fast menschenleere Trümmerwüste. Weitere Bombardements folgten am 20. und 24. Februar sowie an verschiedenen Tagen im März, die zusammen mit dem Artilleriebeschuss die riesigen Schuttberge einer toten Stadt weiter zertrümmerten. Wenn es ruhig war, versuchte man in der Stadt die Toten zu bergen, zu identifizieren und zu beerdigen.

Bei den Angriffen starben mehr als 600 Zivilisten, darunter auch zahlreiche Zwangsarbeiter, und mindestens 728 Soldaten. Dass nicht mehr Zivilisten starben, lag an der bereits 1944 einsetzenden Evakuierung vornehmlich von Müttern mit Kindern unter anderem nach Mitteldeutschland.

Als die Alliierten am 24. März 1945 zwischen Dinslaken und Emmerich über den Rhein setzten, um mit dem Vormarsch Richtung Berlin dem Dritten Reich das Ende zu bereiten, nahmen sie ohne nennenswerten Widerstand völlig verwüstete und von Zivilisten geräumte Städte wie Emmerich, Rees oder Wesel ein.

 

(Autor: Dr. Martin Wilhelm Roelen)