Inhalt

Stichtag: Dezember 1495 - Stadt richtet vor dem Herzogsschloss einen neuen Markt ein

Publiziert am

Auf dem Brink (uppen Brink) hieß im Mittelalter der Ort, an dem Dimmer-, Köppeltor-, Ritter- und Johannisstraße zusammenliefen. Der Name weist auf eine erhöht liegende Grasfläche; die erhöhte, hochwasserfreie Lage lässt sich noch heute nachvollziehen, wenn man von der Johannisstraße gen Osten hinauf zur Ritterstraße blickt. Dort, wo die Straßen einmündeten, ergab sich ein kleiner Platz zwischen dem Herzogsschloss und der Johanniterkomturei im Norden und dem Franziskanessenkonvent im Süden. Die Häuser der Johannisstraße endeten damals nicht am heutigen „Fasskeller", sondern es stand links daneben noch ein weiteres Haus.

Am 1. Dezember 1495 beschloss der Weseler Magistrat, am kommenden 4. Dezember - einem Freitag - ausrufen zu lassen, dass das Vieh, Rinder, Schweine, Schafe und anderes Vieh, von nun an beim Herzogsschloss angeboten werden soll. Die Tiere sollten von ihren Besitzern vom Viehtor, wo im Bereich des Dudels der Viehmarkt bisher stattgefunden hatte und nunmehr nur noch Pferde verkauft wurden, über die Schmidt- und Ritterstraße zum neuen Marktplatz getrieben werden. Der beschriebene Weg ist nicht der kürzeste - der führt über die Brück- und Lomberstraße; man hielt mit diesem Gebot das Vieh von der feinen Brückstraße wie auch vom Großen Markt fern. Für den neuen Platz bürgerte sich die Bezeichnung Ochsen- oder Schweinemarkt ein.

Da die Fläche sich als zu klein erwies, verhandelte die Stadt 1560 mit den Franziskanessen, weil sie eine Markterweiterung anstrebte und zumindest einen Teil des Klostergartens erwerben wollte. Sie einigte sich mit ihnen, kaufte für 300 Reichstaler Gartenland, versetzte die Gartenmauer und pflasterte 1562 den Verkensmarc. Statt der Kaufsumme erhielt der Konvent eine jährliche Rente von 15 Talern aus der städtischen Bierakzise.

Seine heutige Größe erhielt der Marktplatz erst im Jahre 1646. Graf Johann Moritz von Nassau-Siegen, Gouverneur in Wesel von 1644-1672 und seit 1649 kurfürstlicher Statthalter von Kleve-Mark, bewohnte damals das Herzogsschloss und empfand den Platz vor seiner Residenz als Zumutung. Er ließ das Franziskanessenkloster - ein Wohnhaus und die Kapelle - abreißen und planierte die Fläche; um ein Gespräch mit den Betroffenen oder dem Rat hatte er sich erst gar nicht bemüht. Die zum Abbruch befohlenen Handwerker, die sich weigerten, ließ Graf Johann Moritz kurzerhand inhaftieren. Dem Rat blieb es überlassen, die auf der Straße stehenden Bewohner, neben den Schwestern noch ein armer Schulmeister, der in der auf städtische Kosten wieder hergerichteten Kapelle Unterricht gab und in einem daneben erbauten Gebäude wohnte, unterzubringen. Vom Rat verlangte der Gouverneur zudem, das letzte Haus der Johannisstraße aufzukaufen und abzubrechen, weil er eine rechteckige Freifläche vor seiner Residenz wünschte, und den neuen Platz zu pflastern.
Dem Rat blieb keine Wahl, zumal Johann Moritz damit drohte, seine Soldaten sprechen zu lassen, wenn er aus dem Manöver heimkehrt und noch nichts passiert ist. Die Stadt hatte Glück, dass der Gouverneur 1649 Statthalter wurde, nach Kleve umzog und dort seinem Gestaltungswillen freien Lauf ließ - und Wesel nicht weiter belästigte.

Ab spätestens 1646 wechselte der Platz allmählich seinen Namen. Das bisherige Verkensmarkt wurde zwar langsam, aber unaufhaltsam von Kornmarkt verdrängt. Der Grund für den Namenswechsel dürfte der Verkauf von Getreide gewesen sein, dass im Kornhaus vor der Johanniterkirche ausgemessen wurde. Daneben wurden auf dem Markt mittwochs und samstags auch Holz, Torf, Stroh und natürlich weiterhin Schweine verkauft. Der Kornmarkt blieb im 18. Jahrhundert einer von drei ausgewiesenen Weseler Marktplätzen. Bis auf den heutigen Tag wird auf ihm wöchentlich Markt gehalten - sichtbares Zeichen einer 515-jährigen Erfolgsgeschichte.

 

(Autor: Dr. Martin Wilhelm Roelen)