Schon im Sommer 1949 hatte die Kolpingfamilie Wesel aus Anlass ihres 90jährigen Bestehens eine Ausstellung des örtlichen Handwerks in Wesel organisiert, die großen Anklang fand. Im darauffolgenden Jahr taten sich die Kolpingfamilie, die Stadt Wesel und der gerade gegründete Weseler Verkehrsverein zusammen, um eine erheblich größere Ausstellung auf die Beine zu stellen. Es ging nun nicht mehr nur um das Weseler Handwerk, sondern auch um den Handel und die Industrie. Die Veranstaltung, die vom 12. bis 20. August 1950 in zwei gerade erst wiederhergestellten Schulen, der Böhl- und der Kreisberufsschule am Brüner-Tor-Platz, gezeigt wurde, erhielt den programmatischen Titel „Wesel stellt aus". Die Veranstalter wollten mit dieser „Leistungsschau" für ihre Stadt werben, die gerade erst im Wiederaufbau begriffen war, und zeigen, zu was Handel, Gewerbe und Industrie im alten niederrheinischen Einkaufszentrum wieder fähig waren. Man warb um die alte Kundschaft, zeigte seinen Lebens- und Wiederaufbauwillen in einer immer noch sichtlich schwer zerstörten Stadt und demonstrierte, was man wieder zu leisten im Stande war und mit welcher Qualität diese erbracht wurde. Von dieser Leistungsfähigkeit zeugten auch die in nur zwei Jahren schon wiedererstandenen modernen Wohn-, Geschäfts- und Bürogebäude Wesels.
Die Stadt und der Verkehrsverein sahen in der Ausstellung zugleich eine gute Chance, im Rahmen der gerade beginnenden gezielten Wirtschaftsförderung für den Wirtschaftsstandort Wesel zu werben. Man war in Wesel insbesondere auf die Ansiedlung von Industrie und Gewerbe angewiesen, um der Stadt und seinen Bewohnern mit zahlreichen neuen Arbeitsplätzen die Zukunft zu sichern.
Zur Eröffnung am 12. August erschienen zahlreiche Ehrengäste aus Wesel, dem Kreis Rees sowie dem Wiederaufbauministerium. Hauptredner war Stadtdirektor Dr. Reuber, Mitveranstalter und wichtigster Motor dieser Schau. Anschließend gab es Grußworte vieler Ehrengäste, bevor es in die Ausstellung ging.
74 Aussteller zeigten ihre Produkte und Waren in den beiden Schulen; auf dem sogenannten Freigelände - dem Schulhof hinter der Böhlschule -, hatten zehn Firmen ihre Stände und präsentierten unter anderem Landmaschinen, Autos, Lastkraftwagen, Motorräder und -roller oder Baumaterialien und -geräte.
Die Stadt Wesel beteiligte sich auch als Aussteller und präsentierte sich im Zeichensaal der Böhlschule. Im vom Maler Artur Buschmann künstlerisch gestalteten Raum konnte man neben Fotos vom alten und neuen Wesel auch den über den Krieg geretteten städtischen Kunstbesitz bewundern. Neben der „Eidesleistung" von Derik Baegert oder den verschiedenen Prunkpokalen gab es auch Gemälde aus Weseler Privatbesitz zu sehen. Natürlich durfte auch eine ausführliche Dokumentation zum Wiederaufbau mit Modellen etwa vom Rathaus, der Stadtbebauung oder zur industriellen Bebauung an der Lippe nicht fehlen.
„Wesel stellt aus" konnte acht Tage lang jeweils von 10 bis 20 Uhr besichtigt werden und war ein absoluter Erfolg für die Veranstalter. Man zählte insgesamt 18.733 zahlende Besucher; allein am Schlusstag kamen mit 5.654 so viele, dass mehr Kassen eingerichtet werden mussten, um der Massen Herr zu werden. Für die Besucher stifteten Ausstellungsleitung und Aussteller attraktive Gewinne, die etwa an den 5.000., 6.000., 14.000. oder 16.000. oder 17.500. Besucher gingen. So wurde als letzter Preis ein elektrischer Backofen an den 18.000. Besucher vergeben. Der Clou des letzten Tages war wohl der Preis der Firma Steinhäger Urquell; sie lobte für jeden 200. Besucher an diesem Tag einen Krug „Urquell mit dem Schinken" aus. 28 Mal wurde der Tonkrug mit Wacholderschnaps übergeben.
(Autor: Dr. Martin Wilhelm Roelen)