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Stichtag: 31. Oktober 1954 - Ausstellung 'Wesel' in Hagerstown

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Im Herbst 1951 bewarb sich die Stadt Wesel bei der Organisation Operation Democracy Town Affiliation um eine Städtepartnerschaft mit einer US-amerikanischen Stadt. Der im Dezember desselben Jahres in den USA weilende Reeser Oberkreisdirektor Dr. Rolf von Bönninghausen suchte nach einer zu Wesel passenden Stadt, schlug Hagerstown vor und nahm sogleich Kontakt zum dortigen Bürgermeister und zur Operation Democracy Town Affiliation auf. Die Städtepartnerschaft kam zustande und wurde am 21. September 1952 offiziell verkündet. Beide Seiten waren sich damals bewusst, dass angesichts der großen Entfernung und der kostspieligen und langwierigen Reise vor allem Briefkontakte von Privatleuten und Schülern beider Städte zur Verstetigung der Partnerschaft notwendig waren.

Ein erster offizieller Besuch war für 1954 geplant. Die Stadt Wesel und der Kreis Rees wollten sich mit einer Ausstellung in Hagerstown umfassend vorstellen.

Es war die erste Aktion dieser Art bei 45 damals bestehenden Partnerschaften. Die Idee zu einem derartigen „kulturellen Gedankenaustausch" hatte man in der Weseler Stadtverwaltung bereits 1952 gefasst. Vorgestellt werden sollten die Stadt, der Niederrhein, der Kreis Rees, die Bewohner, Geschichte, Kunst, Wirtschaft, der Wiederaufbau und natürlich auch die historischen Beziehungen zu Amerika, womit natürlich der New-York Gründer Peter Minuit gemeint war. Man plante von vornherein eine große Ausstellung, die während des offiziellen Besuchs im Herbst 1954 im dortigen Washington County Museum of Fine Arts gezeigt werden sollte. Das anspruchsvolle Konzept mit zahlreichen anzufertigenden Modellen und Leihgaben, etwa aus Emmerich, konnte nicht von heute auf morgen umgesetzt werden. Seine Umsetzung nahm knapp zwei Jahre in Anspruch. Präsentationsschwerpunkt war die jüngste Vergangenheit und die Gegenwart. Die Vergangenheit Wesels machte nur einen kleinen Teil aus, der jedoch mit hochrangigen Exponaten wie den Weseler Geusenbechern ausgestattet war. Dazu gab es einen kleinen, zweisprachigen Ausstellungsbegleiter, der allerdings zur Eröffnung noch nicht vorlag.

Die Vorbereitungen waren im Sommer 1954 abgeschlossen. Bevor die Ausstellung verpackt und verschifft wurde, konnte sich die Weseler Bevölkerung diese für dreieinhalb Tage, vom 25. bis 28. September, im Saal Bauer an der Hamminkelner Landstraße ansehen. Der in Blumenkamp liegende Saal entsprach in seinen Ausmaßen der Ausstellungsfläche in Hagerstown. Für die Bevölkerung wurde angesichts der ungünstigen Lage des Ausstellungsortes eigens ein Bustransfer eingerichtet; es fanden allerdings nur wenige den Weg dorthin. Unmittelbar nach der Präsentation wurde die Ausstellung seesicher in drei Kisten und einen Holzlift verpackt, von Hamburg aus mit der „Leipzig" nach Baltimore verschifft und in Hagerstown bis zum Eintreffen der Weseler Delegation deponiert.

Den Aufbau besorgten die angereisten Vertreter der Stadt Wesel, Bürgermeister Helmut Berckel, Stadtdirektor Dr. Reuber, Oberkreisdirektor von Bönninghausen sowie der Weseler Grafiker Kurt Heidel, die aufgrund exakter planerischer Vorarbeiten die Ausstellung binnen kurzem aufbauen konnten. Heidel war einer der Ausstellungsmacher, hatte u. a. die Verpackung geplant und fuhr mit auf der „Leipzig".

Die feierliche Eröffnung fand im gut gefüllten Museum am 31. Oktober 1954 statt. An diesem Tag besuchten über 600 Personen die Ausstellung. Im Rahmenprogramm wurden auch drei Filme gezeigt. Der eine befasste sich mit Peter Minuit und war kurz zuvor im Auftrag des amerikanischen Hohen Kommissars in Deutschland gedreht worden. Der andere, 1954 von der Kreisbildstelle Wesel produzierte Amateurfilm stellte Wesel vor und der dritte Film handelte vom Rhein, dem die Landschaft prägenden Strom.

Die Ausstellung, die eigentlich bis zum 21. November dauern sollte, wurde bereits am 17. November geschlossen, brach jedoch alle Besucherrekorde und fand große Anerkennung bis hin zum Auswärtigen Amt. Schon nach einer Woche hatten sie mehr als die erwarteten 2.500 Besucher gesehen. Der schon im Vorfeld unternommene Versuch, die Ausstellung anschließend in New York zu zeigen, scheiterte. Dort war man vor allem an den Minuit-Erinnerungen interessiert, die von der Deutschen Zentrale für Fremdenverkehr übernommen wurden.

Zurück kehrten die Exponate per Flugzeug. Ein in Hagerstown beheimatetes Flugzeugwerk besorgte firmenintern den Transport.

 

(Autor: Dr. Martin Wilhelm Roelen)