Inhalt

Stichtag: 31. Dezember 1980 - Brauerei Hardering stellt Betrieb ein

Publiziert am

Zu den traditionsreichen alten Brauereien gehörte für mehr als drei Jahrhunderte auch die Kronenbrauerei Hardering in Wesel. Erstmals erwähnt wird 1672 ein Hauptmann Hartingen, der für die Schützen braute. Anfangs noch Nebenerwerb in der Landwirtschaft, entwickelte sich die Brauerei im 18. Jahrhundert zum Haupterwerb eines Zweiges der Familie Hardering (Hartingen) und war eine von vier Brauereien im alten Büderich. Die Familie betrieb in der Bierstraße auch eine Schankwirtschaft, In den drei Kronen genannt, und brannte Schnaps. Nach der Zerstörung des alten Büderich im Jahre 1813 erhielt der damalige Brauer, Wessel Hardering, im neuen Büderich ein großes Grundstück an der Friedrichstraße (heute Pastor-Bergmann-Straße), auf dem er die Wirtschaft nebst Brauerei wieder aufbaute. Die ab 1850 einsetzende Industrialisierung des Brauwesens machte auch vor Hardering nicht halt. 1877 wurde der erste Dampfkessel eingebaut, zwölf Jahre später kam ein zweiter, größerer nebst einer Dampfmaschine mit Eiskompressor. Produziert wurden damals obergärige Biere wie etwa heutige Alt-Biere. Mit den neuen mechanischen Kühlungen ließen sich auch die feineren Biere Pilsener Brauart produzieren. Im Jahre 1901 wurde ein modernes Brauhaus, das Sudhaus, erstellt und mit der modernsten Technik, darunter einer neuen Dampfmaschine, die alle Geräte antrieb, ausgestattet. 23 Jahre später endete in Büderich das Zeitalter der hölzernen Bierfässer, die jährlich zum Abdichten, d.h. zum Verteilen des heißen Pechs im Inneren, durch die Straßen des Polderdorfs gerollt wurden. Die Brauerei stellte nun stahlemaillierte Lagertanks auf. Die Gaststätte wurde zu dieser Zeit noch betrieben. Ausgeliefert an die Kundschaft wurde das Bier damals noch mit Pferdekutschen, die später durch Lastkraftwagen ersetzt wurden. Von den einstmals zahlreichen kleineren Brauereien am Niederrhein waren 1933 im Kreis Moers nur noch zwei übriggeblieben - eine war die Kronenbrauerei Hardering. 1966 wurde noch einmal kräftig investiert, moderne Produktionsanlagen eingebaut und dabei der Maschinenantrieb von Kohle auf Öl umgestellt. Die Firma beschäftigte zu diesem Zeitpunkt 25, sechs Jahre später nur noch 20 Arbeiter. Produziert wurde Pils, Alt, Export, Malz- und Bockbier, wobei der Pilsanteil an der Produktion 1972 bei 70 Prozent lag, später jedoch zugunsten des Altbieres (60 Prozent 1980) sank. Abgefüllt wurde in Fässer und Flaschen. Abnehmer gab es im Kreis Moers selbst sowie in allen übrigen niederrheinischen Kreisen (Geldern, Kleve, Rees, Dinslaken, Kempen-Krefeld) und in dem nahen westfälischen Landkreis Borken.

Im Jahre 1980 musste die kleine Brauerei schweren Herzens aufgeben. Der Kostendruck in der Bierbranche, insbesondere beim Flaschenbier, zwang die Geschäftsleitung, das Brauen einzustellen und fortan als Handelsunternehmen im Getränkesektor mit namenhaften Bieren und alkoholfreien Getränken weiterzuarbeiten. Zehn der fünfzehn Mitarbeiter blieben im neuen Unternehmen, die anderen wurden von der Brauerei Diebels in Issum, einem der künftigen Lieferanten, übernommen.

 

(Autor: Dr. Martin Wilhelm Roelen)