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Stichtag: 27. November 1957 - Erster Bauabschnitt des Rhein-Lippe-Hafens

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Die Lippeschifffahrt ging aufgrund der Konkurrenz der Eisenbahn in den späten 1870er Jahren ein. Die Aussicht auf einen Ersatz durch den Bau eines Kanals führte bereits 1911 zum Ankauf von Land im Lippemündungsgebiet zum Bau eines Hafens.

Mit der Anlage des Lippe-Seitenkanals, dessen westlicher Teil 1929 als Wesel-Datteln-Kanal fertig gestellt wurde, ergaben sich für einen neuen Hafen im Lippemündungsgebiet ganz neue Perspektiven. Die Folgen der Weltwirtschaftkrise aus den 1920er Jahren und der Zweite Weltkrieg verhinderten aber eine konkrete Verwirklichung solcher Pläne. Ab 1950 bemühte sich Wesel verstärkt um die Anlage eines Hafens im Lippemündungsbereich als Ergänzung zu den bestehenden städtischen Hafenanlagen. Um diesen Bestrebungen mehr Nachdruck zu verleihen, schlossen sich die interessierten Gebietskörperschaften, die Landkreise Rees und Dinslaken sowie die Stadt Wesel und die Gemeinde Voerde 1952 zu einer Hafenarbeitsgemeinschaft zusammen.

Als die Gelsenberg-Benzin AG 1956 ihr Interesse an einem Ölumschlagplatz im Lippemündungsgebiet bekundete, witterte Stadtdirektor Dr. Reuber die Chance für den von ihm lange geplanten Hafen. Die Verhandlungen unter den in der Hafenarbeitsgemeinschaft zusammengeschlossenen Körperschaften gestalteten sich allerdings recht schwierig. Der Kreis Dinslaken wandte sich bereits in diesem Stadium gegen die Federführung der Arbeitsgemeinschaft durch die Stadt Wesel und auch das seinerzeit festgelegte Beteiligungsverhältnis, das der Stadt ursprünglich 40 Prozent der Hafenanteile zugestanden hätte, musste von der Stadt auf 37,5 Prozent reduziert werden. Die restlichen Anteile verteilten sich auf die übrigen Mitglieder wie folgt: je 25 Prozent für den Landkreis Dinslaken und die Gemeinde Voerde sowie 12,5 Prozent für den Kreis Rees. Der Sitz der Gesellschaft war Wesel mit einer Zweigniederlassung in Voerde.

Im November 1956 einigten sich alle Beteiligten endlich auf eine weitere Vorgehensweise und am 31. Januar 1957 stimmte der Rat der Stadt Wesel der Beteiligung an der Gründung der Rhein-Lippe-Hafen GmbH zu. Das Gründungsdatum der Rhein-Lippe-Hafen GmbH wurde laut Gesellschaftsvertrag auf den 2. März 1957 festgelegt. Am 5. April 1957 fand die konstituierende Sitzung des Verwaltungsrates der Rhein-Lippe-Hafen Wesel/Dinslaken GmbH im Hotel Kaiserhof in Wesel statt und am darauffolgenden Samstag, den 6. April 1957 wurden beim Wasser- und Schifffahrtsamt in Wesel die entsprechenden Grundstücksverträge unterzeichnet.

Die Fläche des Rhein-Lippe Hafens umfasste circa 350 Hektar und lag auf dem Gebiet der Stadt Wesel (Landkreis Rees) und der Gemeinde Voerde (Landkreis Dinslaken). Geschäftsführer waren Dr. Reuber, Stadtdirektor von Wesel und Oberkreisdirektor Richter, Kreis Dinslaken.

Der erste Bauabschnitt dauerte vom 28. März bis 31. Oktober 1957 und war für die Errichtung der Ölumschlagstelle der Gelsenberg-Benzin AG vorgesehen. Über drei Löschbrücken, die in der Lage waren, einen wechselnden Wasserstand von zwölf Meter Höhendifferenz auszugleichen, konnten gleichzeitig vier Tankschiffe gelöscht werden. Die vorhandenen Löschkapazitäten betrugen circa 30 Prozent des Rohölumsatzes der gesamten Bundesrepublik im Jahre 1957. Vom Rhein-Lippe-Hafen aus wurde das Öl über eine 45 km lange Pipeline zu Raffinerie nach Gelsenkirchen-Horst geleitet, wo es weiterverarbeitet wurde.

Über 160 geladene Gäste, Vertreter des Landes, der Kreise, der Städte- und Gemeinden sowie der beteiligten Firmen, versammelten sich am 27. November 1957 an Bord des Schiffes „Westmark", das vom Steiger in Wesel nach Emmelsum in den neuen Hafen zur feierlichen Inbetriebnahme fuhr. An Bord fand die feierliche Übergabe des Hafens an die Rhein-Lippe-Hafen GmbH statt. Äußerliches Zeichen dafür war die Überreichung eines hölzernen Steuerrades mit Anker durch den Bauleiter Klaus Neuhaus an den Vorsitzenden der GmbH, Landrat Hermann Breymann.

Am 15. Oktober 1958 wurde zuversichtlich mit dem zweiten Bauabschnitt begonnen, einen Umschlaghafen für die Raffinerie der BP in Hünxe-Bucholtwelmen. Beide Bauabschnitte wurden von den Weseler Firmen F.C. Trapp AG und Hülskens Wasserbau ausgeführt.

1960 erfolgte der erste Rückschlag. Die Gelsenberg AG, die bisher ihr Rohöl für ihre Raffinerie in Gelsenkirchen über den Rhein-Lippe-Hafen bezogen hatte, bezog ihr Rohöl ab 1960 direkt aus der Pipeline Venlo-Gelsenkirchen. Der Gelsenberg Umschlag ging in diesem Jahr dramatisch auf knapp ein Prozent des Gesamtumschlages zurück. Der Rest des Hafenumschlages wurde von der BP bestritten, die von nun an wichtigster Kunde des Ölhafens wurde. Ab diesem Zeitpunkt fand der Umschlag fast ausschließlich auf den nördlich gelegenen Flächen des zweiten Bauabschnitts statt.

 

(Autor: Dr. Martin Wilhelm Roelen)