Mehr als zwei Jahrhunderte verband eine Schiffsbrücke Wesel mit dem anderen Rheinufer. Der zunehmende Schiffsverkehr auf dem Rhein beeinträchtigte den Personen- und Warenverkehr über den Rhein, was zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Nachteil für die wirtschaftliche Entwicklung angesehen wurde. Die Weseler Schiffsbrücke hatten unter den großen Schiffsbrücken der Rheinprovinz die mit Abstand meisten Passagen. 1907 passierten 78.007 Personendampfer, Segelschiffe, Schleppdampfer und geschleppte Kähne Wesel - 22 Prozent mehr als 1901. Die Brücke musste 1907 allein 12.981 Mal ausgefahren werden, im Mittel also 36 Mal pro Tag. Da nachts der Verkehr ruhte, stellte die Weseler Schiffsbrücke somit ein ziemliches Verkehrshindernis dar.
Schon 1903 hatte der Staat die Zweckmäßigkeit einer festen Rheinbrücke untersucht und einen Brückenvorentwurf anfertigen lassen. Die Stadt war schon 1908 bereit, sich mit bedeutend höheren Beträgen als früher an dem Projekt zu beteiligen. Die seit 1911 intensiven Bemühungen der Stadt für eine Straßenbrücke wurden durch den Provinziallandtag gebremst, der keinerlei Bauzuschüsse gewähren wollte. Erst 1913 führten Verhandlungen unter der Leitung des Oberpräsidenten Georg Freiherr von Rheinbaben zu einer Lösung. Die veranschlagten Baukosten von 3,11 Millionen Mark wurden von Preußen (1,95 Millionen), der Stadt Wesel (0,58 Millionen) und den Kreisen Rees und Moers (je 0,29 Millionen) getragen.
Die neue Brücke war Teil der Reichsstraße 58, heute B 58. Sie überspannte den Rhein zwischen Büdericher Insel und Fort Blücher. Von der Büdericher Insel führte eine 1896 fertiggestellte eiserne Brücke über die Lippe auf das rechte Rheinufer.
Die Brücke wurde Anfang 1914 ausgeschrieben. Für Pfeiler und Widerlager erhielt die Firma Beuchelt & Co. in Grünberg/Schlesien den Zuschlag. Die Oberbauten fertigte die Gutehoffungshütte in Oberhausen.
Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs verzögerte den Bau nur kurz. Im Oktober wurden die Bauaufträge erteilt. Wegen des Facharbeitermangels wurden 1915 niederländische Arbeiter angeworben und Kriegsgefangene eingesetzt. Im Frühjahr 1917 wurde die Fahrbahndecke aufgebracht. Am 27. Juli 1917 wurde die neue Brücke für den Verkehr freigegeben. 1918 erhielt die Brücke zur Erinnerung an den vormaligen Oberpräsidenten den Namen Rheinbabenbrücke.
Die Brücke erhielt als militärische Vorgabe auf beiden Seiten an den Enden je zwei Flankierungstürme. Erst 1920 erhielt die Brücke statt der Ersatzfarbe den endgültigen Anstrich.
Die Benutzung der Rheinbrücke war ebenso kostenpflichtig wie die der davor befindlichen Lippebrücke. Für den Einzug der Gebühren gab es eine eigene Hebestelle.
In den 1930er Jahren wurden die Brückenauffahrten geändert. Auf der Büdericher Seite wurde die Auffahrt, die vor Fort Blücher im rechten Winkel auf die Brücke zulief, durch das Fort gelegt, so dass man nun in einer Kurve auf- und abfahren konnte. Auf der Weseler Seite wurde der ebenfalls vorhandene Knick am Ende der Brücke durch eine sanfte Kurve im Süden ersetzt. Die Straße führte nun über eine 1937 eröffnete moderne Betonbrücke, die Schillbrücke, mitten in das Zitadellengelände. Zuvor gelangte man noch über die Venloer Straße ins Hafenviertel. In der Zitadelle entstand eine große, moderne Kreuzung mit Ausfallstraßen. Hier kreuzten sich nun die aus der Innenstadt verbannten Reichsstraßen 8 und 58, die den Verkehr westlich über Oberndorfstraße und Südring (damals: Vogel-von-Falkenstein-Straße) und südlich über die Schillstraße an der Altstadt vorbeiführten.
Am Ende des Zweiten Weltkriegs war die Rheinbabenbrücke militärisch wichtig für den deutschen Brückenkopf. Die Brücke wurde am 14. Februar 1945 durch einen alliierten Luftangriff schwer geschädigt. Sie war nur noch für Fußgänger eingeschränkt zu passieren. Deutsche Pioniere sprengten die Brücke am 3. März 1945, als die Verteidigung des Brückenkopfs aussichtslos erschien.
Die Beseitigung der Trümmer dauerte bis 1949. Auf den sanierten Pfeilern und Widerlagern der alten Brücke wurde ab 1950 die neue Rheinbabenbrücke gebaut. Sie konnte 1953 dem Verkehr übergeben werden und wurde 2009 durch die Niederrheinbrücke ersetzt. Die Rheinbabenbrücke wurde von 2011 bis 2017 bis auf den Strompfeiler am Büdericher Ufer abgetragen.
(Autor: Dr. Martin Wilhelm Roelen)