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Stichtag: 23. September 1968 - Inbetriebnahme des neuen Fernsehturms in Wesel-Büderich

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Das höchste Bauwerk Nordrhein-Westfalens steht in Wesel, reicht rotweiß gestreift gut 320 Meter in die Höhe und gehört zu den Kennzeichen der Stadt: der Fernsehturm Büderich. 

Die Geschichte des Senders begann vier Jahre vor seiner Errichtung im Jahr 1961, als in Stockholm das Regionale Abkommen für die Europäische Rundfunkzone beschlossen wurde. Dieses Abkommen sah vor, am Niederrhein einen Grundnetz-Fernsehsender zu errichten. Die verbesserte Strahlungsleistung von 500 Kilowatt sollte Zuschauern am Niederrhein und im Ruhrgebiet einen ungestörten Empfang des 2. und 3. Fernsehprogramms ermöglichen. Zuvor war die Region von den Sendern Dortmund, Düsseldorf und Wuppertal bedient worden, und das nicht immer störungsfrei.

Auf der Suche nach einem geeigneten Standort fasste die Deutsche Bundespost zunächst die Gemeinde Hünxe ins Auge, was sich aber aufgrund der Tragfähigkeit des Baugrunds als ungeeignet herausstellte. Nach Überprüfung von rund dreißig alternativen Flächen fiel die Wahl schließlich auf ein Grundstück im Büdericher Ortsteil Perrich. Es liegt nur etwa 800 Meter neben den Ruinen der historischen Eisenbahnbrücke, die kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs von den Deutschen gesprengt wurde.

Nach Vollendung der Baupläne und der Genehmigung, Ausschreibung und Vergabe begann man im Dezember 1965, vier Jahre nach den ersten Überlegungen, mit den Bauarbeiten. Mit seinem Gesamtgewicht von 513 Tonnen – zwölf davon allein für die aufgetragene Farbe – und einem Durchmesser von dreieinhalb Metern wurde der Mast mit mehreren Stahlbetonpfählen im Boden verankert. Dabei wurde er auf einen Fuß mit einer verschwindend kleinen Auflagefläche von nur wenigen Zentimetern Durchmesser gesetzt (oder, wie die Zeitungen es damals beschrieben, von der Größe einer 5-Mark-Münze). Zur seitlichen Befestigung installierte man 18 stählerne Abspannseile und für Wartungsarbeiten im Inneren der Konstruktion eine Steigleiter und einen Aufzug.

Nach eineinhalb Jahren Bauzeit wurde im Mai 1967 mit einem symbolischen Festziehen der Schrauben am Sockel des Turms das Richtfest gefeiert. 1968 strahlte der Mast sein erstes Testbild aus. Die gesamten Baukosten, inklusive der technischen Einrichtungen und der Grundstückskosten, beliefen sich auf 6,6 Millionen DM. Veranschlagt hatte man anfangs 8,5 Millionen DM.

Die Inbetriebnahme des Senders fand schließlich am 23. September 1968 statt. Dazu wurde ein großer Festakt mit etwa 70 geladenen Gästen veranstaltet, unter ihnen Vertreter von Bundeswehr, Firmen und Verbänden, sowie so mancher Bürgermeister, Geistlicher und Schulrektor. Zur lokalen Prominenz in den ersten Stuhlreihen gehörten die beiden Büdericher Willi Birkenhauer, Gemeindedirektor, und Bernhard Große-Holforth, Bürgermeister. Aus dem benachbarten Wesel war der Stadtdirektor Dr. Karl-Heinz Reuber eingeladen worden. Da der neue Sender nun auch den Empfang über die deutsch-holländische Grenze ermöglichte, waren ebenfalls Gäste aus den Niederlanden zugegen, darunter das Post- und Telekommunikations­unternehmen Staatsbedrijf der Posterijen, Telegrafie en Telefonie (PTT). Der Präsident der Oberpostdirektion Düsseldorf, Dipl.-Ing. Erich Müller-Mees, formulierte es so: „Wenn etwas keine Grenzen kennt, dann die Bundespost und das Fernsehen. Wir strahlen bis nach Holland.“

Um 10.50 Uhr war es dann soweit: Dr. Werner Dollinger, Bundes­minister für das Post- und Fernmeldewesen, schaltete den Kanal 35 für das Zweite Deutsche Fernsehen ein. Der Sender für das 3. Programm folgte ein Jahr später. Auch die Deutsche Bundespost feierte die Inbetriebnahme mit einem eigens gefertigten Sonderstempel, während die Büdericher Kronenbrauerei Hardering schon ein Jahr vor der Inbetriebnahme ein neues Bier­deckeldesign entwarf. Das Motiv: ein Mann springt vom neuen Fernsehturm hinab auf das darunterliegende Brauereigelände, versehen mit dem Spruch „Ein Selbstmörder? Nein, ein Genießer!!“

Zehn Jahre später, im Jahr 1978 und damit drei Jahre nach der Eingemeindung Büderichs nach Wesel, wechselte der Fernsehturm seinen Namen und hieß von da an Sender Wesel.

Auch sein 50jähriges Bestehen im Jahr 2018 wurde gebührend gefeiert. Zu diesem Anlass versammelten sich Bürger aus Büderich und Ginderich, unter ihnen auch der damalige, mittlerweile 94jährige Bauleiter Stefan Lange.

Inzwischen gehört der Fernsehturm zur Deutschen Funkturm GmbH, einer Tochtergesellschaft der Telekom. Neben dem Fernsehprogramm werden von Büderich aus auch der analoge (UKW) und digitale Hörfunk ausgestrahlt.

 

(Autorin: Lena Koch)