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Stichtag: 23. Januar 1995 - Erna Suhrborg verstirbt

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Erna Margarete Weidlich wurde am 16. März 1910 in Uerdingen – heute Teil der Stadt Krefeld – als zweites von sieben Kindern geboren. Ihre Eltern waren der aus Bischke in Westpreußen stammende Obermüllermeister Ernst Wilhelm Weidlich und seine Ehefrau Sophia Alaria Magdalena. Mitte Oktober 1912 kam die Familie berufsbedingt in Amsterdam – im urigen Haarlemmer-Viertel – zur Anmeldung, wo Vater Ernst Wilhelm Betriebschef einer großen Mehlfabrik wurde.

Die Grachtenstadt mit ihrem reichen künstlerischen Erbe muss die kleine Erna früh geprägt haben. Nach eigenen Angaben verbrachte sie schon als junges Mädchen einen Großteil ihrer Freizeit zusammen mit ihrem Vater im berühmten und fast noch fußläufig zu erreichenden Rijksmuseum. Dort zogen sie vor allem die Werke von Rembrandt in ihren Bann.

Durch den Ausbruch der Ersten Weltkrieges wurde auch die Familienidylle der Weidlichs in Amsterdam jäh unterbrochen, als der Vater von 1917 bis zum Kriegsende zum Wehrdienst einberufen wurde. Erna besuchte in den Kriegsjahren die deutsche Schule in Amsterdam.

Nach der Rückkehr des Vaters vom Wehrdienst lebte die Familie Weidlich noch vier weitere Jahre in Amsterdam, musste dann aber Ende Dezember 1922 nach Rotterdam umziehen, wo der Vater in wirtschaftlich schwerer Zeit wiederum einen größeren Mühlenbetrieb übernahm. In Rotterdam beendete Erna Weidlich ihre Schulzeit und absolvierte dann von 1926 bis 1928 erfolgreich eine Ausbildung zur Lehrerin für Kunstgewerbe.

Als Erna aber den Maler Johan Jan Damme (1894–1962) kennenlernte, sollte aus der angehenden Lehrerin bald wieder eine Schülerin werden. Sie schätzte zwar dessen Ablehnung für moderne Malerei wenig, lernte von ihm aber innerhalb von fünf Jahren die handwerklichen Kenntnisse einer Malerin. Stilistisch weit prägender wurde dann die Freundschaft zum aus Kassel stammenden Georg August Stahl (1903–1981). Dieser war Anfang der 1930er Jahre vor dem aufkommenden Nationalsozialismus nach Rotterdam geflohen und etablierte sich innerhalb kürzester Zeit in progressiven Künstlerzirkeln der Stadt. Die junge Weidlich bewunderte die Modernität des fast ein Jahrzehnt älteren Stahl und ließ sich von ihm in die Kunst der Meister der Moderne einführen.

Auf dem Weg zur Künstlerin – nach ersten kleineren Ausstellungen und mit einem immer deutlicher werdenden eigenen Stil – nahm ihr Lebensweg 1937 erneut einen neuen Kurs. Sie heiratete 1937 in Rotterdam Dietrich Suhrborg, einen aus Duisburg stammenden Spross einer aufblühenden, 1873 in Mühlheim gegründeten Kiesdynastie. Dietrich Suhrborg wollte eigentlich Bankkaufmann werden und begann dementsprechend eine Lehre bei der Commerzbank in Duisburg. Aufgrund der familiären Bindung zum Kies entschied er sich dann aber Anfang der 1930er Jahre doch, in den väterlichen Betrieb einzusteigen und absolvierte als Grundstock der Ausbildung eine Lehre bei einer der größten Rheinschifffahrts-Reedereien in Rotterdam. Schon damals muss er die kaum zwanzigjährige Erna Weidlich kennengelernt haben. Die anfangs regelmäßigen Kontakte wurden zunächst loser, als Suhrborg 1931 nach Duisburg zurückkehrte. Da er aber immer wieder zu Schulungen in den Niederlanden war, riss der Faden nie ganz ab, sodass beide schließlich doch noch heirateten.

Fortan sollten in Duisburg vor allem Kies und Kinder und nicht mehr Farbe und Pinsel den Alltag von Erna Suhrborg bestimmen. Kurz nach der Hochzeit entstand ihr vorerst letztes Bild, das eine Landschaft am Niederrhein zeigt.

Auf Initiative von Dietrich Suhrborg expandierte der Kiesbetrieb zur Jahreswende 1938/1939 in den Bislicher Raum. Kriegsbedingt verließ die Firma 1943 dann Duisburg ganz, sodass Erna und Dietrich Suhrborg nach Flüren umzogen. Aber auch dort war man vor alliierten Bomben nicht sicher. Das Haus wurde zerstört, die Familie floh und konnte sich erst 1953 wieder in Flüren niederlassen. In der Ruhe und Sicherheit des neuen Heims reifte bei Erna Suhrborg der Entschluss, sich wieder intensiv der Malerei zu widmen. Sie entwickelte ihren eigenen – quasi in der ländlichen Isolation wurzelnden – abstrakten, gegenstandslosen Malstil. Losgelöst von allen künstlerischen Einflüssen des Rheinlandes war sie mit ersten Bildern seit 1954 bei Wanderausstellungen der Vereinigung Niederrheinischer Künstler und Kunstfreunde vertreten und verkehrte auch im Freundeskreis um Arthur Buschmann. Eine Ausstellung auf Schloss Ringenberg im Jahr 1964 bedeutete den künstlerischen Durchbruch. Erna Suhrborg stellte von 1954 bis 1991 u.a. in Duisburg, Emmerich und Amsterdam aus. Der Schwerpunkt ihrer Ausstellungen lag aber in Wesel, wo sie 1981 erstmals auch im Städtischen Museum („Erna Suhrborg – Lebensspuren“) ihre Werke präsentieren konnte

Erna Suhrborg führte nun das Leben einer Künstlerin. Die Quelle ihrer Malerei war nach eigenen Angaben die Liebe zur Natur. Kunstkenner lobten ihre Begabung zur Reduktion von Form und Inhalt auf das Wesentliche. Kritiker und Freunde begeisterte sie mit ihrer außergewöhnlichen Begabung zu präzisen Tuschestriche. So entstanden in den 1950er Jahre fast lyrische Aquarelle – häufigstes Motiv war die Nordsee –, aber auch Collagen auf Hartfaser. Die 1960er Jahren waren dann wohl die fruchtbarste Zeit ihres Schaffens. Sie experimentierte nun auch mit Öl und Gips. In den 1980er Jahren schuf sie wuchtige Kompositionen aus Oberfläche, Form und Farbe.

Am 23. Januar 1995 verstarb Erna Suhrborg 84-jährig in ihrer Wahlheimat Wesel. 15 Jahre später widmete die Stadt – einhundert Jahre nach ihrer Geburt – Erna Suhrborg eine letzte große Retrospektive. Auch die Erna-Suhrborg-Stege verweist auf die Künstlerin und ihr reiches Schaffen.

In der Gegenwart erinnert aber vor allem der Erna Suhrborg-Preis an Wesels berühmte Künstlerin. Der von ihrem Sohn Hans Dieter und seiner Ehefrau Gabriele Suhrborg gestiftete Preis wird jedes dritte Jahr an bildende Künstlerinnen vergeben, deren künstlerischen Schaffens sich auch ohne ein entsprechendes Hochschulstudium durch eine hohe Qualität auszeichnet. Hierfür steht Erna Suhrborg mustergültig Pate. Zudem wird seit 2020 auch ein Nachwuchspreis – gestiftet von der Stadt Wesel – für Schülerinnen der Weseler Schulen verliehen. Ausgewählte Kunstwerke der Finalistinnen sind vom 26. Januar bis 8. März 2020 im Städtischen Museum zu sehen. Die offizielle Preisverleihung findet am letzten Ausstellungstag – zugleich der Weltfrauentag – im Foyer des Bühnenhauses statt.

 

(Autor: Dr. Heiko Suhr)