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Stichtag: 22. Juni 1972 - Eröffnung des Kaufhofs

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Die Entwicklung des Weseler Geschäftslebens machte in den Augen des Weseler Rates in den späten 1960er Jahren die Ansiedlung eines großen Kaufhauses erforderlich. Mit dem Hansa-Kaufhaus besaß man zwar seit 1954 bereits ein Kaufhaus in der Hauptgeschäftsstraße, aber die Stadtverordnetenversammlung wie auch Stadtdirektor Dr. Karl-Heinz Reuber waren der Ansicht, Wesel benötigt, um nicht gegenüber der Konkurrenz in den Nachbarstädten Bocholt, Dinslaken oder Kleve im Nachteil zu sein, als niederrheinische Einkaufsstadt ebenfalls ein renommiertes, großes Kaufhaus. Man versprach sich von ihm eine Belebung der Innenstadt, der sich auch auf den Einzelhandel auswirken sollte. Verhandelt wurde seit 1969 mit Neckermann, Horten und Karstadt. Geplante Standorte waren der Kornmarkt oder der Heuberg. 1970 kam mit der Kaufhof AG in Köln ein weiterer Wettbewerber, der die von der Stadt gewünschte, enorme Verkaufsfläche von 6.000 qm anbot und ein der Düsseldorfer Filiale entsprechendes Niveau versprach, jedoch auf einen bevorzugten Platz in der Innenstadt an der Hohen Straße bestand. Das bedeutete de facto, dass das gerade zehn Jahre zuvor fertiggestellte Rathaus am Mathenaplatz samt dem dahinter liegenden Parkplatz weichen musste. Die Öffentlichkeit wie auch Teile des Rates erfuhren eine Woche vor der Ratsentscheidung von einem bereits bestehenden Vorvertrag, den die Dezernenten Walter Hüls (CDU) und Hansjörn Dimel (SPD) ausgehandelt hatten. Der Stadtdirektor war ein entschiedener Abbruchgegner. Am 16. Juni 1970 beschloss der Rat in geheimer Sitzung, das Rathaus abzubrechen und das Grundstück zu veräußern. Das Rathaus wurde mit Vertrag vom 21. August 1970 für 3.000.000 DM an die Kaufhof AG verkauft.

Der Abbruch des Rathauses begann am 1. April 1971. Elf Wochen später wurde der Grundstein für das neue, fünfgeschossige Gebäude gelegt. Es beinhaltete ein Parkhaus mit 230 Parkplätzen und war mit einer Klimaanlage ausgestattet. Die Gesamtverkaufsfläche betrug 6.120 qm. Im Untergeschoss gab es eine große, reichhaltige Abteilung für Lebensmittel und Delikatessen, im Erdgeschoss ein Reisebüro, im Obergeschoss ein Restaurant und auf der Dachterrasse standen 1000 qm Verkaufsfläche für Camper und Wassersportler zur Verfügung. Genau ein Jahr nach Baubeginn richtete die Kaufhof AG im eingerichteten Haus einen Empfang für 250 Ehrengäste aus, die das neue Haus und die angebotenen rund 60.000 Artikel begutachten konnten. Am darauf folgenden Tag, dem 22. Juni 1972, öffnete der Kaufhof mit einem Stammpersonal von 300 Mitarbeitern als neue „Einkaufsmetropole an der Lippe“ um acht Uhr seine Pforten.

Schon eine Stunde vor der Eröffnung des 68. Kaufhofes standen die Menschen vor den Türen. Auf der Straße stockte der Verkehr und sorgte für einen Rückstau bis zum Berliner Tor. Statt der erwarteten 30.000 Kunden kamen 40.000, die sich um die zuvor in der Presse angepriesenen „Knüller“ rissen. Man hatte einen Kaufhof-Boom erwartet und erlebte eine – damals so empfundene – Kaufhof-Hysterie. Die Geschäftsleitung hatte zwar das Stammpersonal um 200 Personen aus Nachbarhäusern verstärkt, was aber nicht ausreichte, so dass am folgenden Tag weitere 70 Mitarbeiter eingesetzt wurden, um des Ansturms Herr zu werden.

 

(Autor: Dr. Martin Wilhelm Roelen)