Zu den zweifelsohne wichtigen Momenten in der Frühphase des Weseler Wiederaufbaus gehört die Gründung des Hilfswerks „Wesel hilft sich selbst“. Am 12. November 1948 genehmigte der Rat auf Vorschlag von Bürgermeister Ewald Fournell einstimmig, dass durch den Aufruf „Wesel hilft sich selbst“ die Bevölkerung, insbesondere die Unternehmer aufgefordert werden, Geld- und Sachspenden für einen an der Esplanade zu errichtenden Wohnhausblock bereitzustellen. Angesichts der enormen Wohnungsnot in Wesel sah sich der Bürgermeister veranlasst, für die Einwohner Wesels, die für den Bau von Wohnungen über keine finanziellen Mittel verfügen, selbst tätig zu werden. Das Hilfswerk sorgte so dafür, dass trotz knapper Ressourcen von Anfang parallel zum Wiederaufbau der Wohn- und Geschäftshäuser in der Innenstadt zusätzlicher Wohnraum geschaffen wurde. Der Aufruf wurde in Wesel und den umliegenden Gemeinden, in denen Weseler untergebracht waren, zur Kenntnis gebracht. Im Mai 1949 belief sich das Spendenaufkommen auf 60.000 DM, anderthalb Jahre später waren es beinahe 100.000 DM an Geld- und Sachspenden. Die Mittel wurden an den Gemeinnützigen Bauverein als Darlehen weitergereicht, der damit die notwendigen Eigenmittel hatte, um für Wohnungsbauvorhaben überhaupt erst Landesdarlehen zu bekommen.
Der genannte Wohnhausblock sollte als erster von insgesamt vieren auf militärfiskalischem Gelände im Bereich der Esplanade, jetzige Weimarer Straße, errichtet werden; die Baugenehmigung zu den ersten beiden Wohnblocks mit 48 Wohnungen auf der Weimarer Straße wurde am 4. März 1949 erteilt. Die zu bebauenden Grundstücke gehörten zum einem dem Staat und waren zum anderen überhaupt nicht Bestandteil der sogenannten Wehrmachtsflächen, über deren Nutzung bzw. Ankauf seit 1946 verhandelt wurde.
Trotz aller rechtlichen Unklarheiten wurde bereits am 20. Februar 1949, einem Sonntag, der Grundstein für den ersten Wohnblock gelegt. Der Bedeutung dieses Tages entsprechend groß war der Andrang der Bevölkerung. Bürgermeister Fournell, der bei seiner Wahl Ende 1948 den Wiederaufbau der Stadt, und zwar den Bau von Wohnungen und die Anwerbung von Industrie, für seine wichtigste Aufgabe hielt, sprach auf der Esplanade die Weiherede. Nach der Rede gab es eine Schweigeminute zum Gedenken an den 16. Februar 1945, dem Tag des ersten Großluftangriffs auf Wesel. Anschließend wurde eine Zinkhülle mit der Urkunde über den Akt der Grundsteinlegung sowie Zeitdokumenten in den Grundstein eingemauert. Es folgten die Hammerschläge der zahlreichen Ehrengäste aus Wesel. Musikalisch umrahmt wurde die Feier durch das Weseler Philharmonische Orchester unter der Leitung von Kapellmeister Adolf Heinze und den Männergesangverein 1946 unter ihrem Dirigenten Paul Kaltwasser.
Der erste Wohnblock des Sozialwerks „Wesel hilft sich selbst“ konnte am 15. Dezember 1949 bezogen werden. Es sollten noch sieben weitere Blocks in der Weimarer und Stettiner Straße folgen.
Der CDU-Politiker Fournell, der am 16. Dezember 1949 angesichts seiner sichtbaren Verdienste um den Wiederaufbau mit den Stimmen von CDU, SPD und KPD als Bürgermeister bestätigt wurde, meinte 1952 rückblickend zum Tag der Grundsteinlegung: „Den Wiederaufbau begannen wir am Jahrestag der Zerstörung der Stadt am 17. (sic!) 2.1949 mit dem Bau von Volkswohnungen, ohne eigene Mittel, auf einem Grundstück, das uns nicht einmal gehörte.“
(Autor: Dr. Martin Wilhelm Roelen)