Auf die Forderung der Bürgerschaft - insbesondere der Kaufmannschaft - nach realer Ausbildung ihrer Söhne reagierte die Stadt Wesel bereits 1837 mit der Möglichkeit, am humanistisch ausgerichteten Gymnasium statt Griechisch Französisch und Englisch als zweite Fremdsprache zu wählen. Realunterricht, also Französisch und Englisch statt Griechisch sowie weniger Lateinunterricht zugunsten von Mathematik, Deutsch, Physik, Naturkunde und Zeichnen, gab es in der höheren Bürgerschule sowie nachfolgend dem Realprogymnasium, die beide dem Gymnasium zugeordnet waren. Das Realprogymnasiums wurde 1889 aufgelöst.
Acht Jahre später richtete die Stadt am Gymnasium eine lateinlose Realschule ein, die bis 1937 bestand. Der reale Zweig machte das Gymnasium, das nun nicht nur Kinder zum Abitur führte, attraktiver für eine breitere Bevölkerungsschicht.
Mit dem Schuljahr 1937/38 gab es aufgrund einer Reichsschulreform an den Gymnasien Eingangsklassen mit Englisch als erster Fremdsprache, so dass in Wesel die Realschule ersatzlos entfiel und potentielle Realschüler wieder das Gymnasium besuchen mussten. Das Ende für diese Zweigleisigkeit des Gymnasiums nahte, als sich Ende 1957 der Weseler Rat intensiv mit der Einrichtung einer Mittel- oder Realschule befasste. Nicht nur die Industrie- und Handelskammer Duisburg forderte die Einrichtung einer solchen Schule, auch in Wesel sprach man sich vehement dafür aus. Obwohl man noch mitten im Wiederaufbau stand und der Schulbetrieb sich durch den sukzessiven Bau und Wiederaufbau von Schulen normalisierte, sprach sich der Rat bereits im Mai 1958 aufgrund des Bedarfs für Wesel und den Südkreis Rees sowie zur Stärkung des Schulstandortes Wesel für die schnelle Einführung eines neuen Schultyps aus. Da die Schule auch Schüler aus dem Kreis aufnehmen sollte, wurde im Frühjahr 1960 ein Zweckverband, der Schulverband Realschule Wesel, gegründet. Träger waren die Stadt Wesel, die 70 Prozent der Kosten übernahm, sowie der Landkreis Rees, der sich mit 30 Prozent beteiligte. Der Standort auf dem ehemaligen Gelände der ehemaligen Klever-Tor-Kaserne war schon in den frühen 50er Jahren bei der Aufstellung des Leitplanes der Stadt berücksichtigt worden. Die Planungen zum Bau der Schule waren weit gediehen. Bereits am 26. Februar 1960 hatte ein Gutachterausschuss sechs eingereichte Vorentwürfe beurteilt und sich für den Vorschlag des Düsseldorfer Architekten Bruno Lambart entschieden. Nachdem das Grundstück enttrümmert worden war, begannen im Januar 1961 die Arbeiten am Neubau.
Der Schulbetrieb selbst war schon mit Beginn des Schuljahres 1960/61 (Ostern) aufgenommen worden. Die 135 neuen Schüler (76 Jungen und 59 Mädchen) wurden in drei Klassen von drei Lehrerinnen unter der interimistischen Leitung des späteren Direktor Paul Bernds vorerst in der benachbarten Martinischule unterrichtet. Da der Raum dort begrenzt war, mussten im darauffolgenden Schuljahr drei Klassen in der nebenan gelegenen Sonderschule am Herzogenring ausweichen.
Die neue Realschule wurde - wie damals üblich - in Etappen gebaut, so dass die in Bau befindliche Schule schon vor der endgültigen Fertigstellung teilweise genutzt werden konnte. Der zur Fluthgrafstraße gelegene erste Bauabschnitt konnte am 20. Dezember 1961 der Schule übergeben werden. Mit einer Advents- und Einzugsfeier nahmen die Schüler am letzten Schultag vor den Weihnachtsferien ihre neue Schule in Besitz. Unterrichtet wurde darin allerdings erst am 9. Januar 1962, also nach den Ferien.
Weitere Bauabschnitte werden im Mai 1962 und im September 1963 übergeben. Die Bauarbeiten an Realschule endeten erst im September 1964 mit der Fertigstellung der Turnhalle, dem vierten und letzten Bauabschnitt.
(Autor: Dr. Martin Wilhelm Roelen)