Im Jahre 1888 wurde in Wesel ein Denkmalverein gegründet mit dem Ziel, ein Denkmal zu Ehren des am 9. März 1888 verstorbenen deutschen Kaisers Wilhelm I. zu errichten. Es dauerte 18 Jahre, bis man sich geeinigt hatte, ein Standbild aus weißem Marmor auf einem kubischen Sockel zu errichten und nicht etwa ein Volksbad wie in Krefeld. Für ein ursprünglich gedachtes Reiterstandbild fand sich kein ausreichend großer Platz. Auch die Standortfrage war inzwischen geklärt worden. Das Denkmal sollte nicht, wie ursprünglich geplant, vor dem Berliner Tor gegenüber der Wilhelmstraße aufgestellt werden, sondern auf dem Kaiserplatz am anderen Ende der Wilhelmstraße.
Der Verein gab 1906 eine Replik der Figur in Auftrag, die der bekannte Künstler Reinhold Begas 1901 für die Berliner Siegesallee geschaffen hatte. Eigentlich bevorzugte der Denkmalverein einen im Vergleich zum Marmor billigeren Bronzeguss (22.000 Mark), doch die Form wurde in der Gießerei zerstört, so dass Begas eine nur wenig teurere Variante vorschlug, die auch akzeptiert wurde. Die Statue sollte in weißem Marmor ausgeführt und in einem kleineren Maßstab reproduziert werden - nur 2¾ Meter hoch. Auf dem Sockel befand sich die Inschrift: Wilhelm der Grosse, Deutscher Kaiser, König von Preussen. Die Enthüllung des Denkmals wurde auf den 18. Juni 1907 festgesetzt. Das war nicht nur der Gedenktag für die Schlachten von Fehrbellin und Belle Alliance (Waterloo), sondern auch der 50. Jahrestag des letzten Besuches des damaligen Prinzen Wilhelm in Wesel.
Die Weseler Bürgerschaft wurde mit Erfolg zu Spenden aufgerufen. Die erforderlichen 25.0000 Mark für das Denkmal kamen schnell zusammen.
Am Nachmittag des 18. Juni 1907 wurde auf dem Kaiserplatz das Denkmal feierlich enthüllt. In Anwesenheit von Behördenvertretern, Stabsoffizieren, höheren Garnisonsbeamten, den militärischen Vereinen Wesels und Obrighoven-Lackhausens wie auch der Vorstände beider Bürgervereine und zahlreicher Bürger hielt der Vorsitzende des Kaiser-Wilhelm-Denkmalvereins, Amtsrichter Hubert Sprengel, die „Weiherede". Er überwies das Denkmal nach der Enthüllung durch Feuerwehrleute in die Obhut der Stadt, wofür sich der anschließende Redner, Bürgermeister Ludwig Poppelbaum, bedankte. Danach legten die Vertreter zahlreicher Körperschaften und Vereine Lorbeerkränze am Denkmal nieder. Mit musikalischen Darbietungen eines Chores und einer Weseler Militärkapelle sowie einem Parademarsch der Veteranen endete die Veranstaltung am Kaiserplatz. Am Abend traf sich die Festgesellschaft zu einem Festmahl im evangelischen Gemeindehaus.
Das Programm der Veranstaltung entsprach bis hin zum abendlichen Festessen im Wesentlichen dem der in Wesel üblichen Schillfeiern.
Das Denkmal wurde Anfang 1919, während der Zeit des Arbeiter- und Soldatenrates, von Unbekannten mehrfach durch Steinwürfe beschädigt. Betroffen waren unter anderem Degenknauf, Helmschirm, Fernglas und die Orden. Die abgeschlagenen Teile wurden geborgen. Die Statue wurde 1924 von dem Düsseldorfer Bildhauer Julius Haigis wiederhergestellt.
Die Bombardierungen des Zweiten Weltkriegs überstand das Denkmal. Vom Sockel gestürzt wurde es von britischen Soldaten. Dabei brach der Kopf vom Rumpf ab.
Das Denkmal samt Sockel wurde später von der Stadt abgeräumt und eingelagert. Rumpf und Kopf gelangten über Umwege letztendlich ins Städtische Museum Wesel, während der Sockel heute als verloren gilt.
Das Denkmal war und ist ein schwieriges Erbe. 1956 bemühte sich die Weseler FDP um eine in ganz Deutschland beachtete Wiederaufstellung des Denkmals, scheiterte mit dem Ansinnen jedoch am Koalitionspartner SPD. Die Stadt wollte dann doch nicht „den alten Kaiser Wilhelm wiederhaben". Als 2014 das Denkmal als Dauerleihgabe an das Begas-Haus Museum für Kunst und Regionalgeschichte in Heinsberg gehen sollte, gab es Proteste aus der Bürgerschaft, die den Kaiser auf jeden Fall in Wesel halten wollten. Das Denkmal blieb in Wesel, wurde restauriert und wird ab dem Sommer 2017 liegend in einem Glaskasten im Innenhof der Zitadelle zwischen Preußenmuseum und Haupttorgebäude wieder öffentlich zu sehen sein.
(Autor: Dr. Martin Wilhelm Roelen)