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Stichtag: 16. Juni 1673 - Vertrag von Vossem

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Wesel war im Achtzigjährigen Krieg (1568–1648) der aufständischen Niederländer gegen die habsburgischen Spanier von Anfang an involviert. So nahm die Stadt 1568 schon kalvinistische Glaubensflüchtlinge aus dem Kriegsgebiet auf. 1614 ergab sich Wesel nach kurzer Belagerung den Spaniern, die die Stadt als wichtigsten spanischen Stützpunkt im Rheinland ausbauten. Erst 1629 gelang es niederländischen Truppen mit Hilfe einer List von Weseler Bürgern, die Spanier zu vertreiben. Wesel feierte die Einnahme der Stadt selbstverständlich als Befreiung, endete doch die als schwere Bürde empfundene spanische Rekatholisierung. Allerdings war die Stadt weiterhin besetzt und zwar nun und für 43 Jahre durch die niederländischen Generalstaaten. Diese sind in Wesel jedoch als Schutzmacht wahrgenommen worden.

Schon ab den 1640er Jahren gab es keine umfassenden Planungen und ab Anfang der 1650er Jahre – außer kleineren Reparaturmaßnahmen – auch keine großangelegten Baumaßnahmen an der Festung Wesel mehr. Das unterstreicht gesamtstrategisch den Bedeutungsverlust Wesels in den überregionalen niederländischen Planungen. Der anfangs nordsüdlich verlaufende Festungsgürtel Groenlo–Bredevoort–Wesel–Moers hatte sich im Laufe der niederländischen Besatzung Wesels eher nach Nordwesten an Wesel vorbei verschoben.

Die Situation der Festung Wesel zum Ende der niederländischen Besatzungszeit beschreibt der Jurist Balthasar de Monconys (1611–1665), der als Reisebegleiter des Herzogs von Chevreuse Anfang September 1663 in Wesel weilte. Er habe den Befestigungswall und die neun flankierenden Bastionen besichtigen dürfen. Vier der Bastionen seien mit Ziegeln verkleidet gewesen. Die Innenstadt sei mit Bastionen, Halbmonden und Gräben gesichert gewesen. Entlang des Befestigungswalls habe es in der Mitte der Kurtinen gedeckte bzw. unterirdische Gänge gegeben.

Die 1668 gegen Frankreich geschlossene Tripelallianz zwischen England, Schweden und den Niederlanden war durch französischen Einfluss bald wieder aufgelöst worden. In einem 1670 in Dover geschlossenen Geheimvertrag zwischen dem britischen Monarchen Karl II. und Ludwig XIV. von Frankreich wurde eine britisch-französische Allianz gegen die Niederlande vereinbart. Auch Schweden wechselte bald die Seiten. Mehrere deutsche Fürsten um Kurköln waren ebenso auf Seiten Frankreichs. Die Niederlande hingegen fanden nur bei Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg Unterstützung, was am 26. April 1672 offiziell wurde.

So konnte Ludwig XIV. im Jahr 1672 einen mit außenpolitischen Bündnissen geschickt abgesicherten Offensivkrieg gegen die isolierten Niederlande starten. Sein Oberbefehlshaber Henri de La Tour d’Auvergne ging im Frühjahr 1672 mit kurkölnischen und münsterschen Truppen in einer zangenartigen Bewegung an beiden Ufern des Rheins vor, sodass der rechtsrheinische Befehlshaber Louis II. de Bourbon (Prinz Condé) am 1. Juni vor den Toren von Wesel stand. Am selben Tag hatte man im Handstreich die verfallene und nur mit zwei unbrauchbaren Kanonen bestückte Lippeschanze eingenommen. Den 35.000 angreifenden Franzosen standen nur etwa 1.500 niederländische Truppen gegenüber, die damit noch nicht mal die Festungswerke vollständig besetzen konnten. Trotzdem stellte man sich auf beiden Seiten auf eine längere Belagerung ein. Die französischen Belagerer wagten aber in der Nacht auf den 3. Juni ein waghalsiges Kommandounternehmen mit vierhundert Freiwilligen, die dafür sorgten, dass sich die niederländischen Truppen hinter die Stadtmauern zurückziehen mussten. Der Weseler Stadtrat verfiel in hektische Aktivität, da die komplette Einäscherung der Stadt befürchtet wurde. So entsandte die Weseler Bürgerschaft am 4. Juni eine Abordnung ins Lager von Prinz Condé, was auch die Niederländer zu Kapitulationsverhandlungen zwang. So kam es am 5. Juni 1672 zur Übergabe der Stadt an die Franzosen.

Der Kurfürst von Brandenburg – der keine wirksame Hilfe für die Niederlande bieten konnte – sah seine westfälischen Besitzungen mittlerweile in französischer Hand. Unterstützung von den Niederlanden erhielt er folglich auch nicht mehr, sodass er gezwungen war, mit Frankreich zu verhandeln.

In einem kleinen flandrischen Ort wurde schließlich am 6. Juni 1673 der als „Vertrag von Vossem“ bekannte Separatfrieden zwischen Brandenburg-Preußen und Frankreich geschlossen. Ludwig XIV. verhandelte dieses Vertragswerk aus einer Position der Stärke heraus, sodass der Kurfürst von Brandenburg-Preußen sich die Bindungen quasi diktieren lassen musste und sich nur die Möglichkeit vorhalten ließ, das Reich gegen einen französischen Angriff zu verteidigen. Mit dem Vertragsschluss war die brandenburgische Unterstützung der Niederlande offiziell beendet. Der Vertrag beinhaltete schließlich auch die französische Räumung aller im Herzogtum Kleve und in den Grafschaften Mark und Ravensberg besetzten Orte. Dazu gehörten u.a. Emmerich, Büderich und Orsoy. Die einzigen Ausnahmen waren die Festung Wesel – mit dem Lippefort – und die Forts von Lippstadt und Rees, die in französischer Hand verblieben.

Kurfürst Friedrich Wilhelm (der spätere Große Kurfürst) konnte Wesel erst 1679 in Besitz nehmen, nachdem er sich im Frieden von Nijmegen abermals den Bedingungen von Ludwig XIV. gefügt hatte. Die in Nijmegen geschlossenen Friedensverträge beendeten den Französisch-Niederländischen Krieg, sodass die Franzosen Wesel im April 1679 räumten und die Stadt sofort mit brandenburgischen Truppen belegt wurde.

 

(Autor: Dr. Heiko Suhr)