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Stichtag: 11. Juli 1950 - Gründung des Kulturrings Wesel

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Nur wenige Monate nach seinem Amtsantritt, am 12. Juni 1950, stellte Stadtdirektor Dr. Karl Heinz Reuber dem Kulturausschuss seine Pläne zur Gestaltung des Kulturlebens in Wesel vor. Er plädierte in Anlehnung an andernorts bereits vorhandene Institutionen für eine planmäßige Gestaltung des Weseler Kulturlebens, durchgeführt von einer zentralen Stelle mit einigen wenigen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. Den Kulturausschuss hielt er für diese Aufgabe für nicht geeignet und schlug einen kooperativen Zusammenschluss aller kulturellen Vereine und Einrichtungen Wesels zu einem Kulturring vor. Dem Kulturring sollten auch die Stadt, der Kreis Rees, der Verkehrsverein wie auch die Gewerkschaften, Schulen und Kirchen angehören. Der Stadtdirektor hielt dieses Vorgehen während des gerade beginnenden Wiederaufbaus für absolut notwendig. Die Kooperationsmitglieder sollten ihre Selbständigkeit behalten. Natürlich ist der Kulturausschuss Mitglied und für die Verteilung der öffentlichen Gelder auf die Vereine und Veranstalter zuständig.

Der Kulturausschuss wie auch anschließend der Rat stimmten zu, da es eine allgemeine Unzufriedenheit mit den Kulturveranstaltungen hinsichtlich des Umfangs und vor allem der Qualität gab.

In der Stadt gab es 1950 bis auf die Schulen keine öffentlichen Gebäude. Veranstaltungsräume boten nur die Schulen und außerhalb gelegene Gaststätten. Das Stadtkasino am Kaiserring konnte immerhin ab Ende 1950 für Theatervorstellungen genutzt werden.

Am 11. Juli 1950 fand im Stadtkasino die Gründungsversammlung statt. Der Kulturring umfasste 17 Mitglieder; aufgeführt sind neben der Stadt, dem Kreis und dem Kulturausschuss der Verkehrsverein Wesel, der Städtische Musikverein Wesel, die Weseler Sing- und Spielgemeinschaft, das Collegium Musicum, der Männerchor Wesel 1946, der Männergesangsverein „Eintracht“ Fusternberg, der Männer- und Frauenchor Wesel 1892, die Vereinigung Kultur- und Heimat, die Vereinigung Niederrheinischer Künstler und Kunstfreunde, das Katholische Bildungswerk, der Evangelische Kulturkreis, die Populärwissenschaftliche Vereinigung, der Deutsche Frauenring – Ortsgruppe Wesel – und der Deutsche Gewerkschaftsbund – Kreisausschuss Rees-Wesel. Diese wiederum entsandten ihre namhaftesten, im öffentlichen Leben stehenden Vertreter, darunter den Kreisdirektor Dr. Helmut Rotthauwe gen. Löns, Major a.D. Erich Schönborn, Elsbeth Eich und Artur Buschmann, später auch Dr. Hans Tienes, Inge Müller-Heuser und Eva Brinkman. Es wurden zudem vier Beiräte für die Bereiche Theater, Musik, Ausstellung und Volkshochschule (VHS) eingerichtet.

Stadt und Kulturring stellten fortan gemeinsam das kulturelle Veranstaltungsprogramm auf und bewarben gemeinsam die einzelnen Kulturprojekte. Der Kulturring machte Vorschläge für die Verteilung öffentlicher Mittel, wirkte bei der Programmgestaltung der VHS mit. Er trat jedoch nicht selbst als Veranstaltungsträger auf. Das waren entweder die kulturellen Vereine oder aber die Stadt, die generell für das Theater und die VHS zuständig war.

Die Geschäftsführung wurde dem Städtischen Kulturamt übertragen. Dieses Amt hatte von 1952 bis zu seiner Pensionierung der Kulturdezernent Dr. Hans Kock inne.

Die erste Sitzung hielt der Kulturring drei Wochen später ab. Es wurde ein frisch ausgearbeitetes Kulturprogramm für das Winterhalbjahr 1950/51 vorgestellt, das 32 Veranstaltungen umfasste.

Der Kulturring war überaus produktiv und trug mit zu einem niveauvollen Kulturleben bei. Die Qualität des Angebots überzeugte und zog nicht nur das Publikum aus Wesel zu den Veranstaltungen, was den Vorstellungen des Stadtdirektors entsprach. Zudem verbesserte sich schon bald das Angebot an guten Veranstaltungsstätten durch den Bau der Niederrheinhalle und des Städtischen Bühnenhauses.

In den 1960er Jahren verlor der Kulturring an Bedeutung. Seit 1962 wurde er nicht mehr in den jährlich gedruckten Kulturprogrammen, auf deren Titelblatt er bislang aufgeführt wurde, erwähnt. Nach dem Wechsel in der Geschäftsführung im Jahre 1965, als der bisherige Geschäftsführer, Dr. Kock, vom Kulturamtsleiter Rolf Opitz abgelöst wurde, schlief die Arbeit des Kulturrings, der zuletzt nur noch 13 Mitglieder zählte, langsam ein. Opitz operierte zunehmend selbständig, was durchaus der Satzung entsprach, und benötigte wohl die Mitglieder, nicht jedoch den Kulturring selbst, der ab Ende der 1960er Jahre nicht mehr in Erscheinung trat. Sein Ende war ja von Anfang an vorgegeben. Benötigt wurde er für die Zeit des Wiederaufbaus und die war nun vorbei.

 

(Autor: Dr. Martin Wilhelm Roelen)