Nach der Niederlage in der Völkerschlacht bei Leipzig (16. bis 19. Oktober 1813) zogen sich die geschlagenen Franzosen an den Rhein zurück. Die Festung Wesel bereitete sich unter ihrem Kommandanten General Jean Raymond Charles Bourke auf eine Belagerung durch alliierte Truppen vor. Die zur Verteidigung eigentlich erforderlichen 10.000 Mann konnten nicht aufgeboten werden. Die in Wesel liegenden 4.000 Schweizer wechselte man vorsichtshalber gegen Franzosen aus; es blieben noch genug nichtfranzösische Soldaten, vor allem Niederländer, die angesichts der Lage durchaus zur Desertion neigten.
Zur Einschließung der Festung Wesel war im November 1813 vom dritten preußischen Armeecorps die Brigade des Generalmajors Karl Leopold Heinrich Ludwig von Borstell (1773-1844) abgestellt worden. Sie wurde gut einen Monat später durch das Blockade-Corps des russischen Generals Orurk abgelöst, dessen etwa 1.00 Mann starke Truppe ab Ende Dezember 1813 die Stellungen einnahm. Den russischen Truppen folgte Anfang März 1814 schließlich die dem Prinzen von Hessen-Homburg unterstellte Brigade Putlitz. Während der Blockade kam es nur zu kleineren Scharmützeln und zu keinem ernsthaften Einnahmeversuch. Dabei starben auf beiden Seiten insgesamt weniger Leute durch Kampfhandlungen als in der umschlossenen Festung an Krankheiten wie Typhus oder Ruhr.
Ab dem 5. November 1813 war auch die Zivilbevölkerung von den Vorbereitungen zur Blockade betroffen. Die Sträucher, Hecken und Bäume der Gärten vor der Stadt mussten entfernt werden. Drei Tage später wurde befohlen, alle Häuser, die in Kanonenschussweite vor der Stadt lagen, abzubrechen. Die städtischen Bewohner hatten sich zunächst für ein halbes, dann sogar für ein Jahr zu verproviantieren. Alle ehemaligen preußischen Soldaten, etwa 200, mussten die Stadt Richtung Westen verlassen; wer zurückkehrte, wurde erschossen. Vermögende Einwohner zogen es vor, die Stadt zu verlassen, während die meisten der Munizipalräte blieben.
Die Festung war bereits am 12. Dezember 1813 eingeschlossen. Das Rheinglacis wurde rasiert, die Häuser in der Feldmark angesteckt und Büderich abgebrochen. Die Franzosen machten gelegentliche Ausfälle, um Holz, Fourage und Vieh zu requirieren und das Umland zu verwüsten. Am 26. Januar 1814 brannten sie die Häuser auf dem Fusternberg bis zum Buttendick und am 13. Februar unter anderem den Schwan, den Brömder Hof und Buttendick nieder.
Die Bevölkerung in der Stadt trug schwer an der Blockade. Sie wurde zu erheblichen Sonderzahlungen gezwungen, litt unter der zunehmenden Teuerung sowie dem sehr harten Winter und musste Bettzeug und Leinwand für das Hospital abgeben. Zudem hielt General Bourke sie nicht für loyal, weswegen er ihr Ende März alle Waffen abnehmen ließ. Ab dem 18. März 1814 wurden ärmere Leute, die sich nicht mehr verproviantieren konnten, ohne Vorwarnung aus der Stadt geworfen. Bis zum 1. April traf es etwa 500 Personen.
Die Nachricht von der Einnahme Paris' erreichte den Niederrhein am 8. April, die von der drei Tage später erfolgten Abdankung Napoleons erreichte ihn in entsprechendem Abstand. General Bourke ließ sich jedoch auf keine Unterhandlungen ein und wollte von Paris selbst unterrichtet werden. Dies geschah am 23. April. Bourke zögerte die Übergabe, die laut Pariser Frieden bis spätestens 3. Mai zu geschehen hatte, hinaus. Am 25. April fällten französische Soldaten viele der vor dem Klever Tor noch vorhandenen Obstbäume. Bis zum 30. April wurden erhebliche Pulvervorräte verschossen und die französische Verwaltung in Wesel versuchte, die vorhandene Ausrüstung und Verpflegung in irgendeiner Form zu veräußern, um sie den vor den Toren stehenden Preußen zu entziehen. Am 6. Mai wurden die Stadttore geöffnet. Die Übergabe begann am Tag darauf und endete am frühen Morgen des 10. Mais mit dem Abzug von 302 Offizieren und 5147 Mannschaftssoldaten. Nichtfranzösische Besatzungssoldaten, hauptsächlich Niederländer, hatten die Stadt schon vorher in Richtung Heimat verlassen. Um 10 Uhr wurden die Preußen, angeführt vom Prinzen von Homburg-Hessen, vor der Stadt von städtischen Abordnungen empfangen und zogen durch das Berliner Tor in die festlich geschmückte Stadt ein und übernahmen bei Glockengeläut und Kanonendonner die Stadt für den preußischen König.
(Autor: Dr. Martin Wilhelm Roelen)