Nach dem Tod des Herzogs Johann II. von Kleve, der am 15. März 1521 starb, dauerte es fast anderthalb Jahre, bis sein Nachfolger, Herzog Johann III., zur Huldigung nach Wesel kam. Bei einer Huldigung verpflichteten sich die Bürger in einem offiziellen Akt zu Gefolgschaft und Treue gegenüber dem neuen Landesherrn. Dieser wiederum sicherte der Stadt und ihren Bürgern Treue, Schutz und Wahrung ihrer Rechte zu. Der Huldigung gingen Verhandlungen im Landtag voraus, bei denen die Interessen der Stände und des Landesherrn zur Sprache kamen. Es ging letztlich um die Frage, wieviel Geld der Landesherr für die üblichen Privilegienbestätigungen haben wollte. Die verlangten 12.000 Goldgulden wollte die Stadt Wesel erst einmal nicht mittragen. Nach weiteren Treffen sagte die Stadt schließlich, nachdem die Räte des Herzogs auf die Wünsche Wesels eingegangen waren, die Zahlung von 1.000 Goldgulden zu. Der Weseler Magistrat beschloss nach dem günstigen Verhandlungsverlauf, der Herzogin das übliche Silbergeschirr im Wert von etwa 400 Goldgulden zu schenken und es in Antwerpen zu besorgen. Unterdessen handelte man mit den herzoglichen Räten weitere Details der Huldigung und der Privilegienbestätigung aus. Der Magistrat legte die Einladungsliste fest und beschloss die Bewirtung.
Am 8. August 1522 kam der Herzog in Begleitung seiner Frau Maria und großem Gefolge von der Huldigung in Rees nachmittags an die nördliche Stadtgrenze am Harssum an. Dort wurden sie von einer Abordnung der Stadt in Empfang genommen und in die Stadt geleitet. An der Grenze warteten auch 63 aus der Stadt Verbannte, die den Herzog um Vergebung und Gnade baten. Sie hielten sich an einem Seil, das am herzoglichen Pferd befestigt wurde, fest und gingen mit bis zum Schloss, wo sie aufgeschrieben wurden und ihnen Gnade gewährt wurde. Der Herzog residierte im Stadtschloss, seine Frau nebst Gefolge im Haus des Landrentmeisters Heinrich Bars genannt Alysleger in der Dimmerstraße. Die herzogliche Kanzlei bereitete zwei Urkunden vor, die Privilegienbestätigung sowie eine Bestätigung der mit Herzog Adolf getroffenen Regelungen. Abends aßen die Gäste mit dem Magistrat im Ratssaal.
Am 9. August gingen nach der Messe der Magistrat, die 32 Gewählten der Gemeinde, der Herzog und einige aus seinem Gefolge auf das Rathaus, um den Inhalt der besiegelten Urkunden zu vergleichen. Der Herzog stand am geöffneten mittleren Doppelfenster, legte seine rechte Hand auf die beiden Urkunden, währenddessen der Stadtsekretär seinen Eid aus dem Stadtbuch vorlas. Der Herzog gelobte, den Inhalt der Urkunden einzuhalten. Anschließend gingen der Magistrat und die Gewählten hinunter auf den Markt zur dort anwesenden Bürgerschaft und sprachen nach der Aufforderung durch den herzoglichen Marschall mit erhobenen Fingern den vorgelesenen Huldigungseid. Daraufhin sagte der Marschall der Bürgerschaft zu, dass der Herzog ihnen gnädig sei und sie beschützen wolle. Danach gingen der Magistrat und die Gewählten wieder in den Ratssaal. Man schickte nach der Herzogin und den adligen Gästen und aß nach deren Eintreffen zu Mittag. Da nicht für alle Gäste im Ratssaal Platz war, aßen ein Teil der Gäste in drei Privathäusern. Gereicht wurden bei den großen Mahlzeiten in vier Gängen jeweils vier Speisen. Nach dem Essen wurden die Geschenke überreicht, für die fast 460 Goldgulden ausgegeben wurden, und dann zum Tanz aufgespielt. Um vier Uhr zogen sich die Gäste zurück, um drei Stunden später zum Abendmahl wiederzukommen. Anschließend, gegen zehn Uhr, gingen die Gäste, um sich für das Bankett umzuziehen. Attraktionen waren die zahlreichen Bankettstücke, die eigens für das Festessen angefertigt worden und in Schüsseln gesetzt waren, etwa eine Fontäne, aus deren vier Enden köstliche Getränke in Gläser liefen, die Schwanenrittersage mit großer Burg, einem Schwan aus süßer Butter und Zucker, der das Schiff mit Helias zieht, Adam und Eva im Paradies oder eine sitzende Jungfrau mit Einhorn. Nach dem Bankett wurde zum Tanz aufgespielt, bis sich die Gesellschaft gegen vier Uhr morgens zurückzog.
Am nächsten Morgen nahm das herzogliche Paar an einer Messe im Hause des Landrentmeisters, in dem sie auch übernachtet hatten, teil. Gegen 11 Uhr wurden sie in den Ratssaal geleitet, um eine Suppe zu sich zu nehmen. Drei Stunden später wurde erneut ein wenig getanzt, bevor der Herzog sich reisefertig machte und von den Bürgermeistern und Schöffen bis zur Stadtgrenze am Harssum begleitet wurde. Die herzogliche Reisegruppe zog weiter nach Xanten, wo am nächsten Tag die nächste Huldigung anstand.
Die Kosten der Huldigung gingen zu Lasten der Stadt, die, ohne die Huldigungssteuer von 1.000 Goldgulden, 1.432 Goldgulden betrugen. Zieht man davon das Geld für das Silbergeschenk inklusive Nebenkosten für die Reise etc. ab, so bezahlte die Stadt allein für den insgesamt zweitätigen Aufenthalt des Landesherrn 921 Goldgulden – für eine von Schulden gebeutelte Stadt ein teures Vergnügen.
(Autor: Dr. Martin Wilhelm Roelen)