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Stichtag: 08. Januar 1832 - Tod des Predigers Johann Friedrich Landgraf

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Geboren wurde Johann Friedrich Landgraf am 12. Dezember 1751 in Loburg bei Magdeburg. Sein Vater war dort als Wachtmeister im Leibkarabiniers-Regiment Nr. 11 stationiert. Während des Siebenjährigen Krieges lebte er mit seiner Mutter in Havelberg, wohin die Eskadron seines Vaters verlegt worden war. Nach dem Krieg lag die Einheit seines Vaters in Rathenow in Garnison, wo Johann Friedrich die Lateinschule besuchte. 1769 wechselte er auf das Gymnasium in Brandenburg. Ab 1772 studierte er in Halle Theologie und war danach dort Lehrer an der Schule des dortigen Waisenhauses, die zu den berühmten Franckeschen Stiftungen gehörte. 1778 wechselte er nach Wesel, wo er Rektor der lutherischen Lateinschule wurde und das von nun an sein Lebensmittelpunkt war. Bereits im Jahr darauf wechselte er als Feldprediger in das in Wesel stationierte Infanterie-Regiment 44. Dieses Amt war eine übliche Durchgangsstelle zu einer gut bezahlten zivilen Pfarrstelle. Von 1793 bis 1795 weilte Landgraf mit seinem Regiment im Felde. Es nahm am Ersten Koalitionskrieg gegen Frankreich teil und kämpfte am Rhein. Zwei Jahre später erhielt er die erste lutherische Pfarrstelle in Essen, wurde aber noch im selben Jahr, am 7. November 1797, zum Pfarrer der ersten Pfarrstelle in Wesel gewählt und am 5. Januar 1798 bestätigt. Seit 1818 war er einer von anfangs fünf unierten Pfarrern.

Verheiratet war Landgraf seit dem 18. März 1781 mit der fünf Jahre älteren Helena Kalle aus Wesel. Sie war eine der zahlreichen Töchter der Eheleute Gerhard Kalle und Anna Katrina Jorissen. Der Schwiegervater war ein Sohn des lutherischen Pastors Johannes Mordio Kalle in Hiesfeld und lebte als Kaufmann in Wesel. Die Ehe blieb kinderlos. Die Ehefrau starb am 29. August 1831.

Während der sogenannten Franzosenzeit Wesels (1808-1814) gehörte Landgraf zu den zahlreich in Wesel vertretenen bekennenden Preußentreuen. Die Erschießung der elf Schill'schen Offiziere, die auf Befehl Napoleons in Wesel vor ein Militärgericht zum Zwecke der Erschießung gestellt und am 16. September 1809 vor der Stadt hingerichtet wurden, thematisierte Landgraf am darauffolgenden Tag in seiner Sonntagspredigt. Er verwies darin wegen der ungerechtfertigten Hinrichtung auf Gott und das Jüngste Gericht, vor dem dereinst auch die Mächtigsten der Welt ihr unausbleibliches Urteil erhalten werden. Landgraf sprach aus, was viele in der Stadt dachten. Die Franzosen, denen die Haltung vieler Weseler nicht verborgen blieb, reagierten mit der Installation einen geheimen Polizei in Wesel.

Der gesellige Weseler Pfarrer war seit 1801 Mitglied der Weseler Loge „Zum goldenen Schwert". Die Loge war damals vom Militär dominiert; nach 1808 gehörten ihr zahlreiche Franzosen an, unter anderem der Kommandant der 25. Militärdivision und der in Wesel nicht beliebte Leiter der geheimen Polizei. Nach der Rückkehr der Preußen im Mai 1814 wurde Landgraf nach dem Abgang seines Vorgängers neuer Meister vom Stuhl und legte dieses Amt 1824 aus Altersgründen nieder. Es ist nicht verwunderlich, dass die Loge unter Landgraf zu den ersten Verfechtern eines Denkmals für die elf Schill'schen Offiziere gehörte. Sie errichtete ein einfaches Denkmal aus Stein und sammelte binnen Kurzem 100 Taler für ein zu errichtendes Denkmal, welches jedoch vom Königshaus nicht gewünscht war.

1828 feierte Landgraf in großem Kreise sein 50-jähriges Predigerjubiläum. Er wurde vom König für seine Verdienste mit dem Roten Adlerorden Dritter Klasse ausgezeichnet.

Johann Friedrich Landgraf konnte 1831 des hohen Alters wegen seinen Dienst nicht mehr verrichten, weshalb ihm und seinem Kollegen Johann Georg Jung ein Hilfsprediger zur Seite gestellt wurde. Johann Friedrich starb am 8. Januar 1832 im Alter von 80 Jahren und wurde auf dem Friedhof an der Caspar-Baur-Straße beigesetzt.

 

(Autor: Dr. Martin Wilhelm Roelen)