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Stichtag: 07. Januar 1853 - Eröffnung der Höheren Töchterschule

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Zwanzig Honoratioren der Stadt, Zivilisten wie auch Militärs, trafen sich am 10. September 1852, um einen Verein mit dem Ziele der Errichtung einer Evangelischen Höheren Töchterschule zu gründen. Zum Vereinsvorsitzenden wurde Wilhelm Müller, Ingenieur-Hauptmann a.D., der mit einer Weseler Kaufmannstochter verheiratet und mit drei Kindern gesegnet war, gewählt. Ebenfalls bestimmt wurde ein fünfköpfiger Schulvorstand, der die Belange der Schule zu vertreten hatte. Zweck der Stiftung war die Erteilung des „zur weiblichen Bildung erforderlichen sittlichen, wissenschaftlichen und technischen“ Unterrichts. Die Kosten sollten durch ein Schulgeld gedeckt werden. Falls das nicht reichen sollte, würden die Mitglieder zu gleichen Teilen einspringen. In die Schule eintreten konnten nicht nur evangelische Mädchen, sondern auch katholische und jüdische.

Laut Lehrplan sollten die Sprachen Deutsch, Französisch und Englisch unterrichtet werden, dazu Geschichte, Geographie, Rechnen, Biologie und Physik sowie natürlich Schreiben, Zeichnen, Gesang und weibliche Handarbeiten. Religionsunterricht gehörte nicht zum ursprünglichen Lehrplan und war in das Ermessen des Kuratoriums gestellt. Er wurde später erteilt.

Der Schulbetrieb wurde am 7. Januar 1853 mit 51 Schülerinnen in drei Klassen aufgenommen. Das Schullokal befand sich in dem angemieteten Hortmann’schen Haus, Goldstraße 1065.

Dass die Schule gleich so viele Schülerinnen hatte, lag auch an den günstigen Startbedingungen, hatte doch der Verein damit geworben, Mina Becker als Lehrerin zu beschäftigen. Mina Becker geb. Schlesing hatte eine Privatschule, die 1852 schloss und der Verein machte sich berechtigte Hoffnung, mit ihr ihre ehemaligen Schülerinnen zu übernehmen. Vielleicht war auch die Schließung der Privatschule der Grund, schnellstens für Ersatz zu sorgen, was dem Verein ja auch binnen vier Monaten gelang.

Als weitere Lehrer wurden kurzfristig G. Scholten, J. Becker, Gustav Buchmann und Gerhard Kötter gewonnen. Für die praktischen Unterrichtsfächer stellte man die Handarbeitslehrerin Henriette Bartsch ein.

Die Schulleitung übernahm Pfarrer Albrecht Wolters, der über einschlägige Erfahrung als dirigierender Lehrer in Köln verfügte. Sein Vertreter und Erster Lehrer wurde ab April 1853 Rektor Friedrich Fischer aus Schleswig. 1857 übernahm der aus Luxemburg stammende Dr. Johann Karl Fischer die Leitung und hatte diese Funktion bis 1882 inne.

Das jährliche Schulgeld betrug 30 Taler für eine Schülerin der ersten, 24 für eine der zweiten und 18 für eine der dritten Klasse.

Schon am 10. September 1853 erfolgte die Grundsteinlegung für ein eigenes Schulgebäude an der Doelenstraße 357, wo man über ein Grundstück des Gymnasiums, die Direktorenwohnung, verfügen konnte. Der Schulverein gab dazu an die Mitglieder 64 Aktien zu 100 Talern aus, die mit vier Prozent verzinst wurden. Den fertiggestellten Neubau auf der Nordseite des Grundstücks bezog die Schule am 10. September 1854 mit nunmehr fünf Klassen. Die alte Direktorenwohnung wurde augenscheinlich nicht abgerissen.

Eine wichtige Neuerung gab es 1864, als der Verein Elementarklassen einführte, so dass Mädchen ihre gesamte Schulzeit in der Höheren Töchterschule verbringen konnten. Diese Vorschulklassen, in die in späterer Zeit auch Jungen aufgenommen werden konnten, wurden erst 1923 aufgegeben.

Am 28. Mai 1875 beschloss die Stadtverordneten-Versammlung die Gründung einer höheren Simultan-Töchterschule und wählte eine Kommission, die mit dem Kuratorium der Evangelischen Höheren Töchterschule die Übernahme der Schule verhandelte. Die Stadtverordneten genehmigten den ausgehandelten Vertrag am 13. Oktober 1875. Der Schulverein wurde am 15. Januar 1876 mit kaiserlicher Genehmigung aufgelöst und das Vermögen sowie die Verpflichtungen der Stadt Wesel übertragen. Zu diesem Zeitpunkt unterrichteten an der Schule acht ordentliche und drei außerordentliche Lehrkräfte 166 Schülerinnen.

Das Ende der Privatschule kam am 16. April 1878, als der schon mehr als zwei Jahre zuvor geschlossene Vertrag endlich wirksam wurde. Die Stadt führt die Schule als Städtische Höhere Mädchenschule, Lyzeum, später Oberlyzeum und dann als Städtisches Mädchengymnasium bzw. Andreas-Vesalius-Gymnasium bis heute fort.

 

(Autor: Dr. Martin Wilhelm Roelen)