Der später als Soldatenkönig bekannt gewordene Kronprinz Friedrich Wilhelm (1688-1740) sollte eigentlich am 3. Mai in Wesel eintreffen, wozu die Stadt zum Einheilen des hohen Besuchs die Miliz, die Reiterkompanie und die Schützen ausgesandt hatte. Friedrich indes kam nicht, sondern ließ mitteilen, dass er erst am 6. Mai in aller Stille kommen wollte. Er kam am 6. Mai in aller Frühe, noch vor der Öffnung des Dämmer Tores - das Berliner Tor gab es noch nicht - an und wurde, nachdem er mit Pistolenschüssen auf sich aufmerksam gemacht hatte, eingelassen.
Friedrich Wilhelm war nicht das erste Mal in Wesel. Schon 1705 hatte er die Stadt auf einer Rückreise aus Holland passiert und 1711 sollte er noch einmal nach Wesel kommen. Grund seiner Anwesenheit waren stets der Spanische Erbfolgekrieg (1701 - 1714) und der Oranische Erbfolgestreit (1702 - 1732). 1709 blieb der Kronprinz nur zwei Tage. Sein eigentliches Ziel waren die Niederlande, wo preußische Truppen bei Maastricht standen.
Preußen gehörte zu den Alliierten Österreichs im Spanischen Erbfolgekrieg und war zugleich Kontrahent der ebenfalls zur Koalition gegen Frankreich gehörenden Holländer. Die preußischen Ansprüche am oranischen Erbe, zu dem unter anderem die Grafschaft Moers gehörte, beruhten auf Friedrich Wilhelms Großmutter Luise Henriette von Oranien, die von ihrem Vater als Universalerbin für den Fall einer söhnelosen Nachfolge eingesetzt worden war. Beide Auseinandersetzungen führten letztlich zur Vergrößerung des preußischen Territoriums am Niederrhein, im Emsland und in der Schweiz.
Friedrich Wilhelm reiste am frühen Morgen des 8. Mai weiter über Alpen, Geldern - das Preußen 1703 nach einer Belagerung erobert hatte - und Venlo nach Maastricht. Er nahm aktiv mit seinen dort weilenden Truppen an den Kämpfen im heutigen Belgien, so an der Belagerung von Tournai und an der Schlacht bei Malplaquet teil.
Am 10. Oktober verließ der Kronprinz seine Truppen und kehrte über Amsterdam, Wesel und Hannover nach Berlin zurück.
(Autor: Dr. Martin Wilhelm Roelen)