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Stichtag: 05. Mai 1860 - Stiftungstag des Infanterie-Regiments 57

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Die kaiserliche Garnisonstadt Wesel beherbergte vier preußische Regimenter, die Infanterie-Regimenter 56 und 57 sowie die Feldartillerie-Regimenter 7 und 43. Die Erinnerung an diese Weseler Regimenter lebte auch nach ihrer Auflösung infolge des Versailler Vertrages fort. Traditionsvereine, Traditionszeitungen und Treffen von Garnison oder Regimentern gab es bis in die späten 1960er Jahre. Die mit den Regimentern verbundenen Straßennamen verschwanden 1947, als militaristische Straßennamen getilgt wurden. Da auch die alten Kasernen und sonstige Militärbauten mit nur wenigen Ausnahmen aus dem Stadtbild verschwunden sind, erinnern heute neben der ehemaligen Reitzensteinkaserne vor allem die Erinnerungstafeln am Zitadellenhaupttor sowie auf dem Friedhof an der Caspar-Baur-Straße an die vier Regimenter.

Bedingt durch die Neuordnung des preußischen Heeres wurden im Sommer 1859 aus dem in Wesel, Düsseldorf und Geldern stationierten 17. Landwehr-Regiment sowie Teilen des in Wesel in Garnison liegenden 17. Infanterie-Regiments entsprechend der Zahl der Standorte drei Landwehr-Stamm-Bataillone gebildet. Am 5. Mai 1860 formierte man aus ihnen das 17. kombinierte Infanterie-Regiment, das zwei Monate später in 8. Westfälisches Infanterie-Regiment Nr. 57 umbenannt wurde. Eine weitere Änderung des Namens erfolgte 1889; es hieß nun Infanterie-Regiment Herzog Ferdinand von Braunschweig (8. Westfälisches) Nr. 57. Das Regiment bestand aus drei Bataillonen zu je vier Kompanien, hatte eine Friedensstärke von 2.364 und eine Kriegsstärke von 3.240 Mann.

Standort des Regiments war überwiegend Wesel. Das II. Bataillon stand bis 1864 in Neuss und nach dem Deutsch-Österreichischen Krieg 1866 wurde es nach Hannover verlegt und kehrte 1871 nach dem Deutsch-Französischen Krieg nach Wesel zurück.

Der Ersatz des Regiments - die neuen Rekruten - kam aus den Kreisen Essen (Stadt und Land), Solingen und Lennep. Untergebracht war das Regiment in verschiedenen Kasernengebäuden der Stadt, so in der Heuberg-Kaserne, der Berliner-Tor-Kaserne, der Kaserne Nr. 6 in der Zitadelle (Offiziersgefängnis), in Fort II sowie auf der anderen Rheinseite in Fort Blücher. Im späten Kaiserreich plante die Stadt Wesel, für das Regiment eine neue Kaserne im Schepersfeld zu bauen. Die Maschinengewehrkompanie konnte 1913 ihre Kaserne an der Blücherstraße beziehen, während der Bau weiterer Kasernengebäude wegen des Ersten Weltkriegs eingestellt wurde. Einen Monat vor Kriegsbeginn weihte man das Offizierskasino am Kaiserring ein, das 1972 abgebrochen wurde.

Das Regiment gehörte wie die drei anderen Weseler Regimenter zur 14. Infanterie-Division der VII. Armee in Münster. Es nahm an den erwähnten Kriegen der Jahre 1866 und 1870/71 teil, wobei es in Frankreich erhebliche Verluste erlitt. Im Ersten Weltkrieg kämpfte es gemeinsam mit den anderen Weseler Regimentern an verschiedenen Abschnitten der Westfront in Frankreich und verlor dabei 5.609 Mann. Nach dem Waffenstillstand begaben sich die Reste des Regiments an den zugewiesenen Demobilmachungsort Bielefeld, wo sie am 12. Dezember 1918 eintrafen.

Nach der Demobilmachung in Bielefeld kehrten die noch zurückgehaltenen jüngsten Jahrgänge des Regiments am 4. Januar 1919 nach Wesel zurück. Das Regiment nahm hier Sicherungsaufgaben zwischen Elten und Hamborn-Oberhausen wahr. Es wurde im April 1919 zusammen mit dem Infanterie-Regiment 56 in das etwa 1.300 Mann starke Freikorps Wesel umgewandelt, aus dem wiederum Ende 1919 das kurzlebige Reichswehr-Infanterie-Regiment 62 gebildet wurde. Das Regiment nahm im März 1920 an den äußerst blutigen Kämpfen gegen die Rote Ruhrarmee teil. Es musste Wesel gemäß Versailler Vertrag am 21. September räumen und wurde zehn Tage später aufgelöst.

 

(Autor: Dr. Martin Wilhelm Roelen)