Zu den bedeutendsten Persönlichkeiten Wesels im 20. Jahrhundert gehört ein Mann, der die letzten 40 Jahre seines Lebens in Wesel verbracht hat und durch sein Wirken in Wort und Tat unvergessen bleibt: Prälat Josef Janßen.
Am 27. August 1881 wurde Josef Edmund Janßen als Sohn des Guts- und Brauereibesitzers Mathias Theodor Janßen und seiner Ehefrau Maria Elbertina Huberta geb. Fleischhauer in Goch geboren. Er besuchte die Bischöfliche Studienanstalt Gaesdonck und studierte anschließend Theologie in Münster, wo Janßen am 17. Juni 1905 zum Priester geweiht wurde. Anschließend war er Kaplan in Walbeck, Duisburg, Xanten und Kempen sowie während des Ersten Weltkrieges Feld- und Lazarettgeistlicher.
Am 15. August 1926 wurde Josef Janßen als Pfarrer an die Pfarrei St. Mariä Himmelfahrt in Wesel berufen. Es war damals überhaupt nicht absehbar, welch schweres Amt ihm auferlegt wurde. Seine pastorale Arbeit, die Fürsorge und Führung eines Pfarrers, die Einrichtung eines Oratoriums und der Ausbau der Kirche wurde überschattet durch die Zeit des Nationalsozialismus. Als engagierter und mutiger Pfarrer eckte er, der mitansehen musste, wie katholisches Leben in Wesel durch die Partei massiv behindert wurde und engagierte Katholiken denunziert und aus ihren Ämtern gedrängt wurden, durch seine Beharrlichkeit und Standhaftigkeit an. Seine Kirche stand während des Krieges allen Katholiken, auch den Zwangsarbeitern offen. Nach den verheerenden Bombenangriffen im Februar 1945 war Wesel vollkommen zerstört und Josef Janßen stand buchstäblich vor dem Nichts. Seine Kirche, seine Wohnung, alle kirchlichen Einrichtungen bis hin zum Hospital waren zerstört. Er selbst hatte den ersten Angriff am 16. Februar zusammen mit noch verbliebenen Kindern des Waisenheims glücklich überlebt. Für ihn war es danach traurige Pflicht, über Tage mit Gleichgesinnten unter Lebensgefahr die Toten zu bergen und auf dem Friedhof beizusetzen. Nach dem Rheinübergang der Alliierten gehörte er zu den unbelasteten Einwohnern, die der englische Kommandant um Mitarbeit bat, und war von Beginn an bei der Reorganisation des Lebens in einer zerstörten Stadt und beim Wiederaufbau dabei. Er kümmerte sich um die Einrichtung eines Notkrankenhauses in der Villa Heinisch ebenso wie um die Notkirche am Lilienveen, wo mit tatkräftiger Hilfe von gebliebenen Gemeindemitgliedern die Voraussetzungen für ein neues gemeindliches Leben geschaffen wurden. Unermüdlich setzte er sich für den Wiederaufbau der Kirche, sonstiger Gemeindebauten sowie des Marienhospitals ein und kümmerte sich bis dahin um verbesserte Provisorien. Im Herbst 1947 konnte erstmals an alter Stelle, in der wiederhergestellten Krypta der Himmelfahrtskirche, eine Messe gefeiert werden. 1949 war das Waisenhaus fertiggestellt, in dem auch Pastor Janßen wohnte. Die 50er Jahre waren von einer fruchtbaren Bautätigkeit geprägt: Kindergarten und Handarbeitsschule (1950), Pfarrkirche (1952), ein weiterer Kindergarten nebst Pfarrhaus und Kaplanei (1954) und das Jugendheim (1956). Daneben betrieb er den Ausbau der Notkirche im Fort Fusternberg zur Engelkirche.
Für seine Verdienste um seine Gemeinde und den Wiederaufbau wurden Janßen zahlreiche Ehrungen zuteil. Seit 1945 fungierte er als Dechant. 1949 ernannte ihn der Bischof zum Ehrendomkapitular. Anlässlich seines silbernen Ortsjubiläums am 15. August 1951 verlieh ihm die Stadt Wesel für seine Leistungen die Ehrenbürgerwürde. Drei Jahre später erhielt er gemeinsam mit Johannes Bölitz und Dr. Paul Monjé das Bundesverdienstkreuz, für seine Leistungen wie auch seine Arbeit im Schul- und Kulturausschuss. 1952 wurde er zum Bischöflichen Kommissar für den Niederrhein berufen; diese Funktion hatte er zwölf Jahre inne. Zu Ehren seines goldenen Priesterjubiläums am 17. Juni 1955 erschien neben Weihbischof Baaken auch der spätere Bundespräsident Heinrich Lübke, damals noch Bundesminister und Abgeordneter des Wahlkreises Dinslaken-Wesel.
Am 2. Januar 1960 verzichtete Janßen auf seine Pfarrstelle und machte so den Weg für seinen Nachfolger Paul Dyckmans frei. Im gleichen Jahr verlieh ihm Papst Johannes XXIII. in Anerkennung seines priesterlichen Schaffens die Würde eines Päpstlichen Hausprälaten.
Josef Janßen verbrachte seinen Lebensabend in Wesel, nahm bis zuletzt aktiv am kirchlichen Leben teil und verstarb nach kurzer Krankheit am 5. April 1966 im Marienhospital. Seine Beisetzung fand am 13. April nach einem bewegenden Trauerzug durch die Stadt auf dem Friedhof an der Caspar-Baur-Straße statt. Nach ihm benannte die Stadt anlässlich des Stadtjubiläums am 15. Oktober 1966 die frühere Feldstraße in Pastor-Janßen-Straße um.
(Autor: Dr. Martin Wilhelm Roelen)