Der bekannteste, aus Wesel stammende Theologe des 16. Jahrhunderts hieß Tillmann van Heshusen (Heshusius, Hesshus). Er wurde am 3. November 1527 als Sohn des Kaufmanns, Ratsherren und späteren Stadtrentmeisters und Schöffen Gottfried Berntssoen van Heshusen und seiner Frau Elisabeth Kronenberg geboren. Die Weseler Führungsschicht war durchgängig sehr vermögend, weswegen Heshusen eigentlich sein Leben lang keine finanziellen Sorgen gehabt haben dürfte. Nach dem Schulbesuch in Wesel und Antwerpen studierte Tillmann, der die Einführung der Reformation in seiner Heimatstadt Ostern 1540 unter Bürgermeister Wessel van Bert selbst miterlebt hatte, seit 1546 – unterbrochen nur durch eine zweijährige Bildungsreise – Theologie in Wittenberg. Dort galt er bald als Lieblingsschüler Philipp Melanchthons. Er promovierte 1553 und machte schnell – auch mit Unterstützung Melanchthons – Karriere. Noch im gleichen Jahr wurde er Pfarrer in Goslar, 1556 Professor und Pfarrer in Rostock, 1557 Professor und Superintendent in Heidelberg, 1559 Pfarrer in Bremen und 1560 Superintendent in Magdeburg. Der häufige Wechsel der Stellungen lag in erster Linie an seiner strikten Einhaltung seiner lutherischen Überzeugungen, die früher oder später zu Konflikten mit den Herrschenden führten und letztlich seinen Rauswurf bedeuteten.
Verheiratet war Heshusius seit 1553 in erster Ehe mit Anna († Juli 1564), Tochter des Weseler Bürgermeisters Heinrich van Bert, eines Bruders des genannten Wessel. Die van Berts und die mit ihnen verwandten Familien, allesamt ausgeprägte Lutheraner, dominierten ein Vierteljahrhundert den Weseler Magistrat.
Nach seiner Ausweisung aus Magdeburg erschien Heshusius 1562 in seiner Heimatstadt, wo er sich als Privatmann erst vorübergehend und ab dem 1. Mai 1563 nach der Aufgabe seines Wohnsitzes in Braunschweig dauerhaft niederließ. Gemeinsam mit seiner lutherischen Verwandtschaft kämpfte er gegen die calvinistischen Einflüsse in Wesel. Seine heftigen verbalen Attacken gegen die Mehrheit der Weseler Prediger, die er für Calvinisten hielt, veranlassten den Weseler Rat, beim Herzog eine Landesverweisung zu erwirken. Heshusen, der auch den Herzog wegen dessen Einflussnahme auf die Strafamtsausübung der Geistlichkeit angegriffen hatte, musste im November 1564 Wesel verlassen. Er hatte sich zu einem entschiedenen Verfechter der reinen Lehre Luthers (Gnesiolutheraner) entwickelt und stellte sich damit gegen seinen ehemaligen Lehrer Melanchthon.
Heshusius ging nach Frankfurt, von wo er im Jahr darauf als Hofprediger und Visitator beim Pfalzgrafen in Neuburg an der Donau tätig war. 1566 heiratete er Barbara, eine Tochter des Predigers Simon Musäus. Er folgte 1569 einem Ruf an die Universität Jena und wurde vier Jahre später ausgewiesen. Von 1573 bis zu seiner Ausweisung aus Königsberg 1577 war er von den Landständen gewählter Bischof von Samland. Auf Vermittlung eines Freundes erhielt er noch im gleichen Jahr an der neu gegründeten braunschweigischen Universität Helmstedt eine Theologieprofessur. Er nahm weiter regen Anteil an den zahlreichen lutherischen Streitigkeiten um die richtige Lehre und nahm auch Einfluss auf die territoriale Kirchenpolitik in Braunschweig-Wolfenbüttel.
Tillmann van Heshusen starb am 25. September 1588 in Helmstedt. Er hinterließ mehrere Kinder; zwei seiner Söhne wurden Prediger.
(Autor: Dr. Martin Wilhelm Roelen)