Inhalt

Stichtag: 01. Juli 1958 - Bezug des Stadtwerkehaus an der Kreuzstraße

Publiziert am

Der wichtigste städtische Eigenbetrieb, die Stadtwerke Wesel, waren nach dem Zweiten Weltkrieg für lange Zeit nur provisorisch untergebracht. Das Gelände an der Esplanade, auf dem sich das alte Gaswerk sowie Betriebs- und Verwaltungsgebäude befanden, war 1944/45 vollkommen zerstört worden. Der für den Wiederaufbau so eminent wichtige Betrieb hauste seit 1947 am alten Standort in Behelfsbauten, die auf den Grundmauern zerstörter Gebäude errichtet wurden.

Bereits 1951 machte man sich Gedanken um die dauerhafte Unterbringung der Stadtwerke und bevorzugte eine komplette Verlegung in den städtischen Außenbereich. Aufgrund der hohen Kosten, die mit diesem Umzug verbunden wären, nahm die Stadt bereits 1952 wieder Abstand von diesem Vorhaben. Stattdessen sollte an alter Stelle wiederaufgebaut werden, zumal der geplante Gasspeicher nicht wieder als Gasometer errichtet werden sollte. Einen Gasometer wurde insbesondere vom damaligen Stadtarchitekten Capelle als störend und nicht verschönernd im Stadtbild empfunden.

1955 gab es einen internen Wettbewerb zum Wiederaufbau der Verwaltungs- und Wohngebäude der Stadtwerke an der Ecke Kreuzstraße/Esplanade, dessen Ergebnis im Jahr darauf vom Rat gebilligt wurde. An der Kreuzstraße sollte – nach den Plänen des Planungsamtsleiters Dr. Kurt Würfel – ein unterkellerter, zweigeschossiger Bau mit Ausstellungs- und Büroräumen entstehen. An der Esplanade wollte man ein sechsgeschossiges Wohnhaus mit Ladenlokalen im Erdgeschoss errichten. Hinter beiden Gebäuden war ein eingeschossiges Werkstattgebäude geplant. Die Planungen wurden auch realisiert, jedoch nicht gleichzeitig, sondern in einigem zeitlichen Abstand errichtet.

Mit Bau des Verwaltungsgebäudes wurde der Weseler Architekt Werner Brücker beauftragt. Die Bauarbeiten begannen Anfang 1957 und sollten bereits im Oktober abgeschlossen sein. Die Arbeiten verzögerten sich jedoch, so dass das Gebäude erst im Juni 1958 fertiggestellt werden konnte. Es entstand ein sehr modernes, architektonisch bedeutendes Gebäude mit einer gläsernen Front und einer besonderen, Preußische Kappe genannten Decke. Die Fensterbrüstung des Obergeschosses wurde durch ein modernes Mosaik aufgelockert. Im Obergeschoss befanden sich die Büros, ein Zeichen- und Konstruktionsraum sowie ein Sitzungszimmer. Im Erdgeschoss wurden in großen, lichtdurchfluteten Räumen verschiedene Gaskoch- und -heizgeräte so präsentiert, dass man sie auch durch die Schaufenster gut betrachten konnte. Daneben gab es einen Lehrraum mit Epidiaskop und Filmprojektor und Einrichtungen für den Kochunterricht.

Die Büros wurden am 1. Juli 1958 bezogen. Die Ausstellungsräume im Erdgeschoss öffneten für das Publikum am 16. Juli.

Für das Wohnhaus konnte die Wohnungsbaugesellschaft Trapp gewonnen werden, die als Bauherr das Haus errichte und die benötigte Fläche von den Stadtwerken kaufte. Das Werkstattgebäude im Hofraum wurde erst 1959 errichtet und 1960 seiner Bestimmung übergeben.

Das Konzept für die Ausstellungsräume trug nur einige Jahre; im Mai 1965 bezog die Jugendabteilung der Stadtbücherei die Räumlichkeiten.

Die Stadtwerke verließen ihr das Stadtbild prägende Verwaltungsgebäude im November 1982 und bezogen neue Räumlichkeiten an der Emmericher Straße, also wie bereits 1951 gewollt, im Außenbereich. Das Haus an der Kreuzstraße gilt als herausragendes Beispiel für gelungene Architektur der 50er Jahre; trotzdem fiel dieses Zeugnis guter Nachkriegsarchitektur im Frühjahr 2002 der Spitzhacke zum Opfer und musste dem neuerrichten Esplanade-Zentrum weichen.

 

(Autor: Dr. Martin Wilhelm Roelen)