Der Tag des offenen Denkmals wird seit 1993 bundesweit von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz veranstaltet. Seit den Anfängen nimmt die Stadt Wesel regelmäßig teil. Der Denkmaltag bietet den Besuchern „Geschichte zum Anfassen“. In fachkundigen Führungen berichten u. a. Denkmalpfleger und Historiker über Aufgaben und Tätigkeiten der Denkmalpflege. Dabei kommt Wissen zu Tage, das ansonsten oft verborgen bleibt.
Der Tag des offenen Denkmals soll die Öffentlichkeit für die Bedeutung des kulturellen Erbes sensibilisieren und Interesse für die Belange der Denkmalpflege wecken. Er kommt durch die Initiative vieler Institutionen, Kreise, Städte, Gemeinden, Verbände, Vereine, privater Denkmaleigentümer und Bürgerinitiativen zustande.
Corona-Pandemie und die Folgen für den Tag des offenen Denkmals
Motto 2020: „Chance Denk-mal: Erinnern. Erhalten. Neu Denken“
Virtueller Rundgang
Geschichte und Sanierung des Berliner Tors
Das Berliner Tor - Als Wesel zu Preußen gehörte
Das Berliner Tor ist das einzig noch erhaltene Stadttor der ehemaligen Stadtbefestigung, das in brandenburgisch-preußischer Zeit durch König Friedrich Wilhelm I. 1718-1722 ursprünglich als Mittelstück einer zweiflügeligen Toranlage im Stil des preußischen Barocks errichtet wird. Es wird nach Plänen des bekannten barocken Architekten Jean de Bodt, dem damaligen Festungs- und preußischen Hofbaumeister erbaut. 1890-1895 werden der ursprünglich angrenzende Wall und die halbrunden, teilweise offenen Arkadenflügel der Toranlage abgebrochen und nur der Mittelbau mit dem Hauptdurchgang bleibt erhalten.
Im Zweiten Weltkrieg wird der stadtseitige Teil des Berliner Tores stark zerstört und in vereinfachter Form wiederaufgebaut. Die Feldseite blieb mit Figurenschmuck, Inschrift und Bekrönung erhalten. 1984 wird der Platz um die Toranlage herum neu angelegt, dabei wird der Verlauf des früheren Walles zu beiden Seiten des Tores mit kleineren bepflanzten Anlagen angedeutet. Am Ende des 20. Jahrhunderts kommt es zu umfangreichen Restaurierungen.
Bei dem heute erhaltenen triumphtorartigen Torso des Berliner Tores handelt es sich um einen nahezu quadratischen Bau aus rotem Ziegelmauerwerk, der mit umfangreichem Skulpturenschmuck, Gesimsen, Sockeln und aufwendigen Zierelementen aus Baumberger Sandstein versehen ist. Die Feldseite des Tores stellt sich als klar gegliederter Architravbau mit Skulpturenprogramm dar. Über einem hohen Sandsteinsockel steigt das Ziegelmauerwerk in rustizierter Gestaltung nach oben. Auf beiden Seiten befinden sich vor der Fassade je zwei große toskanische Säulen, die sich über einem hohen Sockelquader erheben und mit einem Kapitell und Abakus abschließen.
Das Berliner Tor ist ein außerordentlich wichtiges und hochrangiges Beispiel der preußischen Festungs- und Ingenieurbaukunst, die als klar gegliederter Architravbau mit seiner strengen Linienführung, harmonischen Proportion und seiner umfangreichen und qualitätsvollen Schauarchitektur mit Skulpturenprogramm überzeugt. Die Darstellung der Götter Minerva und Herkules, die figürliche Umsetzung von Rhein und Lippe sowie das Skulpturenproramm der Trophäe symbolisiert die Verherrlichung der brandenburgisch-preußischen Geschichte. Das Berliner Tor ist damit mit seiner preußischen Interpretation des Barocks das kunsthistorisch anspruchsvollste Baudenkmal aus preußischer Zeit in Wesel. Dabei gestaltet es sich als ein exemplarisches Beispiel für die Situation des Triumphtores, das von der Idee der Ruhmeshalle durchdrungen wird, einer Planung, die im Barock gerne aufgegriffen, jedoch nur äußerst selten baulich umgesetzt wird. Es ist somit ein seltenes Zeugnis der inhaltlichen Bedeutung des triumphartigen preußischen Stadttores. Darüber hinaus prägt das Berliner Tor das Stadtbild in bedeutendem Umfang und ist ein wichtiges Zeugnis für die historische Entwicklung der Stadt Wesel.
Göttin Minerva
Zwischen den Säulen steht je eine überlebensgroße Sandsteinfigur auf rechteckigem, sockelhohem Postament. Dabei handelt es sich links um die Göttin Minerva, die mit Gewand, Brustpanzer, Schild, geharnischtem Helm und Eule dargestellt ist. Ursprünglich hielt Minerva einen Speer in der Hand.
Halbgott Herkules
Auf der rechten Seite ist der Halbgott und Held Herkules mit herabgleitendem Löwenfell und nach oben geschwungener Keule zwischen den Säulen zu sehen. Die Keule ist im heutigen Zustand nur noch in Fragmenten erhalten.
Medaillon aus Sandstein
Über der Minerva ist dem Mauerwerk ein großes, ovales Medaillon aus Sandstein als Flachrelief mit profilierter Rahmung und begleitenden, herabhängenden Laubgirlanden eingelassen. Seinen oberen Abschluss findet es in einer von Eichenlaub gerahmten Kartusche mit weiblichem Haupt. Das Medaillon zeigt den preußischen Adler, der zur Sonne fliegt und eine lateinische Inschrift in geschweiftem Schriftband „NON SOLI CEDIT“ (nicht einmal der Sonne weicht er – ein Bezug auf den Sonnenkönig Ludwig XIV).
Das rechte Medaillon
Das rechte Medaillon gleicht in seiner Gestaltung dem linken. Hier ist ein ruhender Löwe zwischen Eiche und Lorbeer dargestellt und die lateinische Inschrift „IN IPSA QUIETE TIMENDUS“ (man muss, selbst wenn er schläft, sich vor ihm fürchten) zu sehen.
Rundbogen
Zwischen den Säulen befindet sich der Eingang zur Tordurchfahrt. Es handelt sich um einen hohen Rundbogen mit Kalotte. Das Wandfeld über der Durchfahrt zeigt ein männlich-weibliches Skulpturenpaar, das Lippe und Rhein darstellt. Beide sind einander zugewandt und von Lorbeerkränzen, Füllhorn, Hund, Wasserkrug, Ruder und Schilfpflanzen umgeben.
Inschrift
Die Ziegelmauerfassade und die Säulen werden von einem antikisierten Gebälk mit Architrav aus Sandstein bekrönt, welches in seiner fast kompletten Breite risalitartig nach vorne kragt. Darüber befindet sich ein Kranzgesims und es folgt eine Attikazone mit Reliefdarstellungen und einer Marmortafel mit lateinischer Inschrift:
URBIS ET ARCIS MUNIMENTA
A FRIDERICO WILHELMO ELECTORE BRANDENBURGICO SUSCEPTA
A FRIDERICO I. REGE BORUSSIAE AMPLIATA
FRIDERICUS WILHELMUS BORUSSIAE REX FRIDERICI I FILIUS FRIDERICI WILHELMI NEPOS
DIGNA REGIO NOMINE MUNIFICENTIA ABSOLVIT
ANNO MDCCXXII.
(Die vom brandenburgischen Kurfürsten Friedrich Wilhelm begonnenen und von Preußens König Friedrich I. erweiterten Befestigungswerke der Stadt und der Zitadelle hat der preußische König Friedrich Wilhelm, Sohn Friedrich I., Enkel Friedrich Wilhelms, mit einer des Königlichen Namens würdigen Freigiebigkeit im Jahre 1722 vollendet.).
Trophäe mit Königlich-Preußischem Wappenschild
Nach oben folgt eine große Trophäe mit Königlich-Preußischem Wappenschild, das von Harnischen, einem Helm, Waffen, Laub, Adlerorden und zwei Kriegertorsi umgeben ist. Es wird seitlich flankiert von je einer posaunenblasenden, geflügelten Figur der Fama, die einen Lorbeerzweig und ein Palmenblatt halten und von einer preußischen Krone bekrönt. Es handelt sich dabei um eine Erneuerung der Rekonstruktion der 1791 abgenommenen ursprünglichen Trophäe, die 1894 nach einem Vorschlag des damaligen Provincialconservators Paul Clemen und einem Entwurf des Bildhauers Altmann erstellt wurde.
Der stadtseitige Teil des Berliner Tores wurde völlig zerstört und nur in schlichter, schmuckloser Form wiederaufgebaut. In seiner heutigen Gestalt handelt es sich um eine Ziegelmauerfassade, der eine eingeschossige Halle vorgestellt ist. Die Vorhalle erhebt sich über einem hohen Sandsteinsockel und ist auf ihrer Vorderseite durch ein mittiges großes Tor mit Segmentbogen und Sandsteinrahmung bestimmt.
Tordurchfahrt
Die Tordurchfahrt setzt sich auf der Feld- und der Stadtseite aus je einer zweijochigen Tonne und einer großen mittigen Kuppelhalle mit lichter Weite von 4,5 Metern und einer Höhe von 8,2 Metern zusammen. Die Raumkompartimente sind mit Gurtbändern, Wandnischen und Schlusssteinen in Helmform ausgestattet und in Rot- und Gelbtönen abgesetzt.
Kuppel
Der Kuppelraum ist über einem geweiteten Oktogon in Wandfeldern aufgeteilt, die durch Pilaster voneinander getrennt sind. Ihren oberen Abschluss finden die Wandvorlagen in einem Gesims und in Postamenten mit Vasenaufsatz, die als Flachrelief ausgearbeitet sind. Das Gewölbe ist mit rotem Putz versehen, der mit weißem Fugenschnitt Ziegelsteinmauerwerk suggeriert.