Am 15. Mai 1886 erblickte in Köln Karl Albert Erich Schönborn das Licht der Welt. Sein Vater Albert leitete als Kaufmann ein Grubenunternehmen und war dementsprechend oft auf Reisen. Seine Mutter Fanny stammte aus dem Bergischen und hatte in Koblenz die Ausbildung für das Lehrfach an „Höheren Töchterschulen“ abgeschlossen, war aber aufgrund der Eheschließung nie im Lehrfach tätig geworden. Der junge Erich wuchs gemeinsam mit seiner älteren Schwester im Elternhaus in der Kölner Frankstraße behütet auf.
Nach drei Jahren auf der Vorschule in der Humboldtstraße wechselte Erich zunächst auf das Königliche Friedrich-Wilhelm-Gymnasium. Nachdem seine Eltern in die Spichernstraße umgezogen waren, stand ein Schulwechsel an das Städtische Progymnasium in Köln-Ehrenfeld an.
Schönborns Freizeitbeschäftigungen lassen sich in zwei Kategorien einteilen: Kultur und Sport. Erich war begeisterter Tennisspieler. Aber auch das Radrennen war zu dieser Zeit ein beliebter Freizeitsport. Im Winter 1899/1900 sah Schönborn auf der Mülheimer Heide, dem Exerzierfeld der Kölner Regimenter, das erste Mal ein Fußballspiel, das er bald beim Kölner Fußball-Club 1899 selbst praktizierte. Durch den kunstinteressierten Vater kam Erich aber auch in den Genuss bedeutender Ausstellungen, so sah er u.a. eine Arnold-Böcklin-Ausstellung in Basel.
Weil das Ehrenfelder Gymnasium nicht den Anforderungen des Vaters entsprach, musste Erich Schönborn erneut die Schule wechseln. Sein Vater brachte ihn ab der Untersekunda in Siegen unter. Schönborn akklimatisierte sich schnell und wurde bald ein beliebter Schüler. Aber auch die stete Abenteuerlust findet sich zu dieser Zeit dokumentiert. Schönborn sandte ein Porträt von sich an Karl May, das dieser in sein Leseralbum aufnahm. Schönborn hat schließlich in Siegen seine Abiturprüfung mit Erfolg bestanden.
Vermutlich beeinflusst durch die Marinebegeisterung eines seiner Lehrer war auch Schönborns Berufswunsch klar. Er wollte Offizier werden. Zunächst aber verbrachte er einige Monate in Lausanne, wo es zu einem intensiven politischen Gedankenaustausch kam, denn er wohnte mit zwei Töchtern eines in Indien stationierten britischen Offiziers, einem nationalistischen Ungarn und einem antizaristischen Russen in einer Pension zusammen. Nach diesem „letzten Abenteuer“ trat Erich Schönborn als Fahnenjunker dem 1. Westfälischen Feldartillerie-Regiment 7 bei und machte sich auf den Weg in die Weseler Garnison, die ihm zunächst als „nicht allzu reizvoll“ erschien. Schönborn wurde als Fußkanonier verwendet, bekam aber bald auch eine reitende Ausbildung. Der nächste Ausbildungsschritt erfolgte in der Kriegsschule in Danzig. Erich Schönborn bestand schließlich sein Offiziersexamen mit gutem Erfolg und wurde dann nach Düsseldorf kommandiert, wo er als Leutnant für die Rekrutenausbildung verantwortlich war. Nach dem erfolgreichen Absolvieren der Schießschule Jüterbog wurde Schönborn als Adjutant der 1. Abteilung seines Regiments wieder nach Wesel versetzt, das ihm nun bald eine „liebe Garnison“ wurde. Das wird auch daran gelegen haben, dass er dort Elsbeth (genannt Elly) Grolig, Tochter des Hauptmanns a.D. Oswin Grolig, kennen und lieben lernte. Durch die am 20. Oktober 1913 geschlossene Ehe stieg Schönborn auch gesellschaftlich in Wesel weiter auf, denn seine Schwiegermutter war eine Tochter des hoch angesehenen Bankiers Kommerzienrat Franz Rigaud.
Erich Schönborn war seit seiner Danziger Zeit begeisterter Reiter und erzielte auf einem Pferd seines Regimentskameraden Hans Jauch manchen Erfolg. So stand er 1908/1909 und 1910 gar an der Spitze der westdeutschen Herrenreiter und bereitete sich ab 1912 auf die für 1916 in Berlin geplante Olympiade vor, die aber in Folge des Ersten Weltkrieges ausgefallen ist.
Den Beginn des Ersten Weltkrieges erlebt Schönborn an der belgisch-französischen Grenze, wurde aber bald in die Gegend von La Bassée umgruppiert. Im Herbst 1916 wurde er als Adjutant des Kommandeurs einer neuen Division an die Ostfront versetzt, wurde dort aber u.a. auch als Beobachter einer Fliegerabteilung verwendet. Kurz vor Weihnachten 1917 erfolgte die Rückkehr an die Westfront, wo Schönborn nun im Generalstab beim Kommando des XIX. Armeekorps diente. Das letzte Kommando im Ersten Weltkrieg führte Schönborn zum XXI. Armeekorps unter General Ernst von Oven. Dort fertigte er vor allem Lagekarten über den Frontverlauf, führte aber auch Militärattachés aus neutralen Ländern hinter der Front herum.
Nach dem Waffenstillstand im November 1918 organisierte Schönborn den überhasteten Rückmarsch seiner Truppen in die Heimat. Das Erleben der Demobilmachung und die für ihn erzwungene Zusammenarbeit mit den Soldatenräten führte dazu, die „Uniform endgültig an den Nagel“ zu hängen, auch weil das Offizierskorps als der einst „erste Stand im Staate“ nun „ganz nach unten gerutscht“ war. Nachdem Schönborn seine Pläne, Landwirt zu werden, schnell aufgegeben hatte, stieg er bald in das Bankhaus Rigaud ein. Auch in Wesel blieb Schönborn dem Sport treu und trat u.a. 1919 als Gründungsmitglied des Tennisclubs Rot-Weiß Wesel in Erscheinung.
Mangels beruflicher Perspektive kehrte Schönborn Wesel 1920 zunächst den Rücken und siedelte nach Berlin über, wo er als Ressortleiter Sport in die Redaktion der „Deutschen Allgemeinen Zeitung“ eintrat. Nach der NS-Machtübernahme 1933 und der beginnenden Gleichschaltung auch der Berliner Tennisvereine wurde Schönborn Tennisgauführer, da er als relativ neutraler Sportmann bekannt war, der die bisher unabhängig voneinander agierenden Berliner Tennisbezirke einen sollte. Im Oktober 1937 stieg Schönborn als „Reichsfachamtsleiter Tennis“ auch zum Präsidenten des Deutschen Tennisbundes auf, nachdem der mit einer Jüdin verheiratete bisherige Präsident Wilhelm Schomburgk sein Amt niederlegen musste. Schönborn führte die deutsche Tennisorganisation 1938 in den Nationalsozialistischen Reichsbund für Leibesübungen über. Im Rahmen dieses Amtes reiste Schönborn zwischen 1937 und 1939 verschiedentlich ins Ausland. Auch kurz nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges war Schönborn als Tennisfunktionär im verbündeten und neutralen Ausland unterwegs.
Als bald nach Kriegsbeginn Schönborns Sohn an der Westfront fiel und er selbst zur Luftwaffe eingezogen wurde, begann auch Schönborns zumindest teilweise kritische Haltung zum Nationalsozialismus. Kritisch – aber eben auch erst einige Jahre nach dem Krieg – hielt er in seinen Memoiren fest: „Es ist nicht einfach, einer Sache zu dienen, die man von vornherein für verloren hält.“ Schönborn sollte trotzdem als Generalstabsoffizier bis November 1944 für die Luftwaffe aktiv bleiben. Im Laufe des Jahres 1944 trat Schönborn von seinem Führungsposten im Fachamt Tennis zurück; offiziell aufgrund von Arbeitsüberlastung, in Wahrheit aber wohl eher wegen der immer stärker werden ideologischen Distanz zum Nationalsozialismus. Schönborn formulierte es in seinen Memoiren vorsichtig als Diskrepanz zwischen „Können und Müssen“.
Als Pensionär kehrte Major a.D. Erich Schönborn nach Wesel zurück, wo er auf Gut Isselhorst – Teil des Erbes seiner Ehefrau – lebte. Bald nach Kriegsende stieg Erich Schönborn in Wesel zu einem der geachtetsten Honoratioren der alten Hansestadt auf. So baute er im Alleingang die Kreisredaktion der Rheinischen Post auf und gehörte auch zu den Mitbegründern der Kreis-CDU.
Schönborns Hauptengagement lag aber im Bereich der Kulturförderung. Ab 1950 war er für zwanzig Jahre erster Vorsitzender der Vereinigung „Kultur und Heimat“. Als am 11. Juli 1950 auf Initiative von Stadtdirektor Dr. Reuber der „Kulturring der Stadt Wesel“ gegründet wurde, saß auch Schönborn in dessen Vorstand.
Das geplante Festungs-, Garnisons- und Schill-Museum in Wesel wurde bald zu einem Weseler Prestigeobjekt, an dem auch Schönborn aktiv mitwirkte. So schenkte er dem Städtischen Museum im Januar 1957 drei Aquarelle mit Szenen aus dem Ersten Weltkrieg. Schönborn gehörte auf Wunsch Reubers ferner zu dem Arbeitsausschuss, der sich mit der Errichtung des neuen Museums befasste. In dieser Rolle half er bei der Beschaffung von Exponaten und vermittelte Kontakte zu den Vereinigungen ehemaliger Offiziere.
Am 11. Januar 1971 starb Major a.D. Erich Schönborn schließlich 84-jährig in Wesel. Neben dem Militär waren Sport und Kultur seit frühester Jugend die prägenden Konstanten in seinem Leben. Vor allem auf kulturellem Gebiet hat die Hansestadt Wesel ihm viel zu verdanken. Auch wenn Erich Schönborn in Köln geboren wurde, die Welt bereist hat und Wesel anfangs wenig anziehend fand, ist er auf Gut Isselburg (zunächst Lackhausen) doch heimatlich geworden.
(Autor: Dr. Heiko Suhr)