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Eröffnung des Hanseforums im historischen Berliner Tor

"Im restaurierten und teilsaniertem Obergeschoss werden zukünftig Weseler Handelswaren des Mittelalters in detailreicher Inszenierung präsentiert...Das Hanseforum soll ein lebendiger Ort sein. Ich bin davon überzeugt, dass dies auch dank des großartigen Engagements der Hansegilde gelingen wird" - Bürgermeisterin Ulrike Westkamp bei der Eröffnung des Hanseforums im Berliner Tor am 19. Februar 2022.

Ministerin Ina Scharrenbach (3. von links) und Bürgermeisterin Ulrike Westkamp durchtrennten gemeinsam mit Ludwig Maritzen (2. von links) von der Hanse-Gilde Wesel das symbolische rote Band vor dem Berliner Tor. Gespannt wurde das Band zwischen den Hellebarden der mittelalterlichen "Wachen" (hier gespielt von zwei Mitgliedern der Hanse-Gilde).

Wer schon immer einen russischen Pelzverkäufer oder eine norwegische Fischhändlerin aus dem Mittelalter erleben wollte, konnte am vergangenen Samstag, 19. Februar 2022, Zeug*in einer einzigartigen Darbietung der Weseler Hanse-Gilde sein.

Bei der Eröffnung des Hanseforums im Berliner Tor präsentierten die Mitglieder der Hanse-Gilde Wesel in einem kurzen Schauspiel, wie der Handel im Mittelalter in Wesel täglich abgewickelt wurde. Gemeinsam mit der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung, Ina Scharrenbach, eröffneten Bürgermeisterin Ulrike Westkamp und die Hanse-Gilde das neue Hanseforum im Berliner Tor, passend zum 300-jährigen „Geburtstag“ des historischen Gebäudes in der Weseler Innenstadt.

Nutzungskonzept „Hanseforum“ und Hanse-Gilde

Die Themen „Hanse und Handel“ werden ab sofort im Berliner Tor, dem als Stadttor in früheren Zeiten eine besondere Bedeutung als Einlasstor für den Handel zukam, für Touristen und Einheimische erlebbar gemacht. Inhaltlicher Schwerpunkt ist der Handel der alten Hanse im Mittelalter und die Neue Hanse der Neuzeit.

Der Raum „Neue Hanse“ ist mit moderner Präsentationstechnik ausgestattet, so dass dort auch in kleinerem Rahmen Vorträge und Veranstaltungen stattfinden können.

Das Nutzungskonzept „Hanseforum“ hat die Stadtverwaltung gemeinsam mit der Hanse-Gilde Wesel e. V. erarbeitet. Im Treppenhaus stellt ein Zeitstrahl, der aus der Gegenwart in die Vergangenheit führt, wichtige Daten aus der Weseler Geschichte vor.

Für das Hanseforum im Berliner Tor sind folgende Öffnungszeiten vorgesehen:

In den Wintermonaten samstags und sonntags von 11 Uhr bis 17 Uhr und von April bis September donnerstags bis sonntags 11 Uhr bis 17 Uhr. Wie auch beim städtischen Schill-Museum in der Zitadelle Wesel ist der Eintritt frei.

Zusätzlich wird die Hanse-Gilde an ausgesuchten Tagen noch Öffnungszeiten und Veranstaltungen dort anbieten.

Neben der Hanse-Gilde wird auch die Jugendhanse Räume im Gebäude zukünftig nutzen können. Als lebendiger Austauschort soll das neue Hanse-Forum auch Kinder und Jugendliche an die Geschichte der Stadt Wesel heranführen.

Kosten und Förderung

Die Gesamtkosten für den Umbau liegen bei rund 330.000 Euro. Aus dem Förderprogramm „Heimat-Zeugnis“ des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung erhält die Stadt Wesel für die Nutzungsänderung des Berliner Tors ca. 213.600 Euro vom Land NRW. Die restlichen Mittel investiert die Stadt Wesel.

Berliner Tor – Geschichte des Gebäudes

1680 eroberten die Preußen Wesel zurück. Zuvor regierten die Spanier (1614–1629), Niederländer (1629–1672) sowie Franzosen (1672–1680) die Hansestadt am Rhein.

Nach der Eroberung durch Preußen ließ Kurfürst Friedrich Wilhelm I. Wesel weiter als Festung ausbauen. 1702 wurde Jean de Bodt (1670–1745) vom Preußischen König zum Festungskommandanten von Wesel ernannt. Der in Paris aufgewachsene de Bodt war einer der protestantischen Glaubensflüchtlinge aus Frankreich, von denen viele auch in Berlin eine neue Heimat fanden.

Zwischen 1704 und 1728 war er in unterschiedlichen Funktionen am Bau der Weseler Festung beteiligt. Das Berliner Tor, an dessen Plänen er nachweislich ab 1713 arbeitete, war das aufwändigste der neu geplanten Tore. Für dieses Bauwerk standen französische Architekturideen Pate. Auch de Bodts Entwurf für ein Königstor in Berlin wurde hier im kleineren Maßstab variiert. Besonders machte das Tor der ovale Kuppelraum im Innern, der repräsentative Platz zur Stadtseite und die Gestaltung der Westseite als Triumphbogen.  Zwischen 1718 und 1722 entstand das Bauwerk.

Den damaligen Figurenschmuck schuf ein Berliner Bildhauer, der zuvor für den französischen König Ludwig XIV. im Garten von Schloss Versailles gearbeitet hatte.

1897/99 wurde das Gebäude aufwändig restauriert und die verlorenen Teile des Figuren- und Ornamentschmuckes wurden durch einen Kölner Bildhauer ersetzt. Bei dieser Gelegenheit wurden aber auch die stadtseitigen Flügelbauten des Tores entfernt. 1938 mussten die bis dahin noch erhaltenen Figuren der Minerva und des Herkules wegen Verwitterung ersetzt werden. Die Kopien fertigte ein Münsteraner Bildhauer.

Nach Bombentreffern im Zweiten Weltkrieg an der Stadtseite wurde diese in stark vereinfachten Formen wiederaufgebaut und mit einer Terrasse versehen. Auf der Außenseite wurden die Figuren, Reliefs und die Abschlusstrophäe 1974 in beschädigtem und verwittertem Zustand konserviert.

Das Berliner Tor wurde 1982 unter Denkmalschutz gestellt. 1984 wurde der Platz um das Tor neugestaltet. Die Bekrönung, ein von zwei Engeln flankiertes Wappen, musste 1996 wegen ihres maroden Zustandes abgenommen werden.

Nutzung des Berliner Tors - Hintergründe

Die zukünftige Nutzung des weitestgehend als Original unter Denkmalschutz stehenden Bauwerks wurde bereits mehrfach thematisiert. Es entstand die Idee, ein Gesamtkonzept zur stadtgeschichtlichen Präsentation rund um die Themen „Hanse und Handel“ gemeinsam mit der Hansegilde zu erarbeiten.

Der Rat der Stadt Wesel hat im Juni 2019 beschlossen, das Berliner Tor zu sanieren und öffentlich zu nutzen, wenn durch Fördermittel ein Teil der Kosten übernommen werden kann. Daher hat die Stadtverwaltung einen Antrag auf Landesförderung nach dem Programm „Heimat-Zeugnis“ gestellt.

Renovierung

Mit der Zustimmung des Denkmalschutzes wurde das Gebäude in den vergangenen Monaten aufwändig renoviert und teilsaniert.

Unter anderem haben Elektro-Fachfirmen neue Elektroleitungen verlegt. Sämtliche Kabel und Anschlüsse wurden erneuert. Zudem sind zwei neue Trockenbauwände gesetzt worden. Auch neue Rauchschutz- und Terrassentüren wurden montiert.

Der alte Latexanstrich im Treppenhaus, in den Ausstellungsräumen und im Thekenbereich wurde komplett entfernt. Stattdessen wurde ein weißer atmungsaktiverer Anstrich aufgebracht.

In der ehemaligen Küche wurden die Fliesen gereinigt, mit einer Grundierung vorbehandelt und anschließend mit weißer Farbe überstrichen. Darüber hinaus wurde der Boden neu beschichtet. Anschließend wurden neue Sockelfliesen verlegt. Außerdem wurde eine neue Teeküche eingebaut.

Es ist aus Denkmalschutzgründen nicht möglich, das Berliner Tor barrierefrei zu gestalten. Das ist jedoch bei historischen Gebäuden nicht ungewöhnlich.