Gem. §§ 16, 28 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) i. V. m. §§ 2 und 3 der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten nach dem Infektionsschutzgesetz –ZVO-IfSG – NRW wird zur Verhütung der Weiterverbreitung von SARS-CoV-2 Virus Infektionen folgende Allgemeinverfügung angeordnet:
Allgemeinverfügung
- Reiserückkehrern aus Risikogebieten nach der Klassifizierung des Robert-Koch-Instituts (RKI-Klassifizierung) wird für den Zeitraum von 14 Tagen nach Aufenthalt die Betretung folgender Bereiche untersagt:
- Gemeinschaftseinrichtungen (Kindertageseinrichtungen, Kindertagespflegestellen, Heilpädagogische Kindertageseinrichtungen, „Kinderbetreuung in besonderen Fällen“, Schulen und Heime, in denen überwiegend minderjährige Personen betreut werden) sowie betriebserlaubte Einrichtungen nach § 45 SGB VIII (stationäre Erziehungshilfe)
- Krankenhäuser, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, in denen eine den Krankenhäusern vergleichbare medizinische Versorgung erfolgt, Dialyseeinrichtungen, Tageskliniken
- Stationäre Einrichtungen der Pflege und der Eingliederungshilfe, besondere Wohnformen im Sinne des SGB IX sowie ähnliche Einrichtungen
- Berufsschulen
- Hochschulen
- Gegenüber den Krankenhäusern, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen sowie stationären Einrichtungen der Pflege und der Eingliederungshilfe im Stadtgebiet Wesel werden nachstehende Maßnahmen angeordnet:
- Diese Einrichtungen haben Maßnahmen zu ergreifen, um den Eintrag von Corona-Viren zu erschweren, Patienten und Personal zu schützen und persönliche Schutzausrüstung einzusparen.
- Sie haben Besuchsverbote oder restriktive Einschränkungen der Besuche auszusprechen; maximal ist aber ein registrierter Besucher pro Bewohner/ Patient pro Tag mit Schutzmaßnahmen und mit Hygieneunterweisung zuzulassen. Ausgenommen davon sind medizinisch oder ethisch-sozial angezeigte Besuche (z. B. Kinderstationen, Palliativpatienten).
- Kantinen, Cafeterien oder andere der Öffentlichkeit zugängliche Einrichtungen für Patienten und Besucher sind zu schließen.
- Sämtliche öffentliche Veranstaltungen wie Vorträge, Lesungen, Informationsveranstaltungen etc. sind zu unterlassen.
- Folgende Einrichtungen, Begegnungsstätten und Angebote sind zu schließen beziehungsweise einzustellen:
- Alle Schankwirtschaften (Kneipen, Bars, Shishabars), Cafes, Clubs, Diskotheken, Tanzveranstaltungen, Theater, Konzerthäuser, Kinos, Museen und ähnliche Einrichtungen unabhängig von der jeweiligen Trägerschaft oder von Eigentumsverhältnissen ab dem 16.03.2020.
- Alle Messen, Ausstellungen, Freizeit- und Tierparks und Anbieter von Freizeitaktivitäten (drinnen und draußen).
- Alle Fitness-Studios, Yoga- und Gymnastikräume, Reha-Sporteinrichtungen (außer Einrichtungen, soweit die dort durchgeführten Behandlungen ärztlich zwingend erforderlich sind), sonstige Sporteinrichtungen, Saunen ab 16.03.2020.
- Spiel- und Bolzplätze ab 18.03.2020.
- Spezialmärkte und ähnliche Einrichtungen, Reisebusreisen ab 18.03.2020.
- Alle Angebote in Volkshochschulen, in Musikschulen, in sonstigen öffentlichen und privaten außerschulischen Bildungseinrichtungen ab dem 17.03.2020.
- Spielhallen, Spielbanken und Wettbüros und ähnliche Einrichtungen ab dem 16.03.2020.
- Jeglicher Sportbetrieb auf und in allen öffentlichen und privaten Sportanlagen sowie alle Zusammenkünfte in Vereinen, sonstigen Sport- und Freizeiteinrichtungen ab 17.03.2020.
- Gleiches gilt für Prostitutionsstätten, Bordelle und ähnliche Einrichtungen ab dem 16.03.2020.
- Der Zugang zu Mensen, Restaurants und Speisegaststätten sowie zu Hotels für die Bewirtung von Übernachtungsgästen wird beschränkt. Die v. g. Betriebe haben sicherzustellen, dass
- diese generell frühestens ab 6 Uhr öffnen und spätestens ab 15 Uhr schließen,
- eine zentrale Registrierung aller Besucherinnen und Besucher mit Kontaktdaten (Datum, Uhrzeit, Nachname, Vorname, Adresse, Telefonnummer) erfolgt,
- diese Registrierung auf Anforderung bereitzuhalten und mindestens vier Wochen nach Besuch aufzubewahren ist,
- die Einrichtung so ausgestaltet ist, dass zwischen den Personen an verschiedenen Tischen ein Mindestabstand von zwei Metern eingehalten und der Aufenthalt an Schanktheken untersagt wird,
- die Personenzahl je Tisch auf vier Personen begrenzt wird,
- die Besucherinnen und Besucher die Hygienehinweise des Robert-Koch-Instituts sichtbar zur Kenntnis nehmen können und
- den Besucherinnen und Besuchern geeignete Desinfektionsmittel in den Eingangsbereichen sowie den sanitären Anlagen zur Verfügung gestellt werden.
Darüber hinaus werden der Thekenausschank, die Darreichung von Speisen in Form eines Buffets sowie der Betrieb von Kegelbahnen untersagt.
- Alle Geschäfte des Einzelhandels haben ab dem 18.03.2020 zu schließen. Dies gilt nicht für den Einzelhandel mit Lebensmitteln, Wochenmärkte, Abhol- und Lieferdienste, Getränkemärkte, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Frisöre, Tankstellen, Banken und Sparkassen, Poststellen, Reinigungen, Waschsalons, den Zeitungsverkauf, Bau-, Gartenbau- und Tierbedarfsmärkte und den Großhandel. Dienstleister und Handwerker können ihrer Tätigkeit weiterhin nachgehen.
- Geschäften des Einzelhandels für Lebensmittel, Wochenmärkten, Abhol- und Lieferdiensten, Apotheken sowie Geschäften des Großhandels wird bis auf weiteres auch die Öffnung an Sonn- und Feiertagen von 13 bis 18 Uhr gestattet; dies gilt nicht für Karfreitag, Ostersonntag und Ostermontag.
- Sämtliche Verkaufsstellen im Sinne des Ladenöffnungsgesetzes haben darauf zu achten, dass erforderliche Maßnahmen zur Hygiene, zur Steuerung des Zutritts und zur Vermeidung von Warteschlangen getroffen werden.
- Übernachtungsangebote zu touristischen Zwecken werden untersagt.
- Alle öffentlichen Veranstaltungen werden untersagt. Das schließt grundsätzlich auch Verbote für Versammlungen unter freiem Himmel wie Demonstrationen ein, die nach Durchführung einer individuellen Verhältnismäßigkeitsprüfung zugelassen werden können. Ausgenommen sind Veranstaltungen, die der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder Daseinsfür- und -vorsorge zu dienen bestimmt sind oder der Versorgung der Bevölkerung dienen (z. B. Wochenmärkte).
- Versammlungen auch zur Religionsausübung haben zu unterbleiben.
- Bei Verstoß gegen diese Allgemeinverfügung kann ein Bußgeld gem. § 73 Abs. 1a Nr. 6 i. V. m. Abs. 2 IfSG in Höhe von bis zu 25.000 Euro festgesetzt werden. Wer den Verstoß vorsätzlich begeht, wird gem. § 74 IfSG mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft.
- Diese Allgemeinverfügung gilt zunächst bis zum 19.04.2020. Sie erlischt, sobald eine gleichgerichtete Rechtsverordnung gem. § 32 IfSG durch das fachlich zuständige Ministerium des Landes Nordrhein-Westfalen erlassen wird oder durch Aufhebung der zuständigen Behörde.
Begründung
Durch die Erlasse des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW (MAGS) vom 13.03.2020 sowie vom 15.03.2020 wurden Maßnahmen zur Begrenzung der Ausbreitung von SARS-CoV-2 geregelt. Diese wurden bereits mit Allgemeinverfügungen vom 15.03.2020 und 16.03.2020 durch die Stadt Wesel als die für die Umsetzung des Infektionsschutzgesetzes gem. §§ 2,3 der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten nach dem Infektionsschutzgesetz (ZVO-IfSG) örtlich zuständige Behörde umgesetzt.
Aufgrund der Erlasse des Ministeriums für Gesundheit, Arbeit und Soziales NRW (MAGS) vom 17.03.2020 werden die zuvor genannten Maßnahmen in Ergänzung der Allgemeinverfügungen vom 15.03.2020 und 16.03.2020 angeordnet.
Für diese Anordnung bin ich nach § 3 der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten nach dem Infektionsschutzgesetz – ZVO-IfSG zuständig.
Zur Begründung der Allgemeinverfügung verweise ich im Wesentlichen auf die Ausführungen in meinen bisherigen, die Begrenzung der Ausbreitung des Coronavirus betreffenden, Allgemeinverfügungen.
Das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 hat sich in kurzer Zeit weltweit verbreitet. Auch in Deutschland bzw. in Wesel gibt es inzwischen zahlreiche Infektionen. Vor dem Hintergrund drastisch steigender Infektionszahlen in den vergangenen Tagen und der weiterhin äußerst dynamischen Entwicklung der SARS-CoV-2 Infektionen ist es erforderlich, weitere – über die in den bisher hierzu ergangenen Allgemeinverfügungen enthaltenen hinausgehende – kontaktreduzierende Maßnahmen zur Beeinflussung der Ausbreitungsdynamik zu ergreifen und Infektionsketten zu unterbrechen.
Die angeordneten Maßnahmen sind geeignet, erforderlich und angemessen, um zu einer weiteren Verzögerung der Infektionsdynamik beizutragen. Durch den vorherrschenden Übertragungsweg von SARS-CoV-2 (Tröpfchen) z. B. durch Husten, Niesen oder teils mild erkrankte oder auch asymptomatisch infizierte Personen kann es leicht zu Übertragungen von Mensch-zu-Mensch kommen.
Auf Grundlage bisheriger Erkenntnisse stehen mir weniger einschneidende Maßnahmen als die angeordneten nicht zur Verfügung, um die enorm schnelle Ausbreitung des SARS-CoV-2 abzuschwächen. Weniger intensive Maßnahmen könnten nicht im vergleichbaren Umfang eine Schutzwirkung entfalten. Auch nach der Risikobewertung des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (MAGS) können keine Schutzmaßnahmen getroffen werden, die gleich effektiv, aber weniger eingriffsintensiv als die getroffenen sind.
Um eine Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden und die Bereithaltung erforderlichen Kapazitäten zur Behandlung erkrankter Menschen sicherzustellen, bedarf es der angeordneten Maßnahmen. Nur hierdurch kann die dringend erforderliche Verzögerung von weiteren Neuinfektionen vermieden und Zeit für die Entwicklung von Heil- und Impfstoffen gewonnen werden. Wie die Entwicklung der letzten Tage gezeigt hat, waren die bisher getroffenen Maßnahmen nicht ausreichend, um der Gefährdungslage im hinreichenden Maße entgegenzutreten. Die bestehende Erlasslage, die mein Erschließungsermessen stark einschränkt, gebietet schärfere Maßnahmen, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen.
Meine Auswahl der getroffenen Maßnahmen folgt der dynamischen Entwicklung. Nur durch die angeordneten Maßnahmen kann die Geschwindigkeit der Ausbreitung des Virus zum Wohle des Gesundheitssystems und aller Bürger verringert werden.
Bei Abwägung der Gefährdungslage mit den durch die Anordnungen einhergehenden Belastungen komme ich zu dem Ergebnis, dass die Zurückdrängung des Virus höchste Priorität haben muss. Aufgrund dessen soll jeder nicht notwendige soziale Kontakt möglichst unterbunden werden, denn diese beinhalten das vermeidbares Risiko einer Übertragung des Virus.
Zwar werden die Grundrechte der Art. 2 Absatz 2 Satz 2, Art. 4, Art. 8, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz insoweit eingeschränkt, die Maßnahme ist jedoch in Anbetracht der vorrangigen Interessen der Gesundheitssicherung der Bevölkerung, insbesondere der besonderen Risikogruppen, gerechtfertigt.
Kirchen, Islamverbände und jüdische Verbände haben hinsichtlich der Religionsfreiheit zustimmende Erklärungen abgegeben.
Die Befristung bis zum 19.04.2020 erfolgt aus Gründen der Verhältnismäßigkeit.
Bei in dieser Anordnung getroffenen Bestimmungen mit gleichem oder sich widersprechendem Regelungsgehalt, im Verhältnis zu den Allgemeinverfügungen vom 15.03.2020 und 16.03.2020 gehen die hier vorliegend getroffenen Regelungen vor.
Anordnung der sofortigen Vollziehung
Die sofortige Vollziehung dieser Allgemeinverfügung wird nach § 80 Abs. 2 Nr. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in Verbindung mit §§ 28 Abs. 3, 16 Abs. 8 IfSG angeordnet.
Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung
Die sofortige Vollziehung dieser Anordnung ist im Interesse der Aufrechterhaltung
der öffentlichen Sicherheit und Ordnung anzuordnen. Es ist sicherzustellen, dass auch während eines eventuellen Klageverfahrens notwendige, wirksame und rechtzeitige Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung durchgeführt werden können.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe
Klage erhoben werden.
Die Klage ist beim Verwaltungsgericht, Bastionstr. 39, 40213 Düsseldorf, schriftlich
oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erheben. Wird die
Klage schriftlich erhoben, ist die Frist nur gewahrt, wenn die Klage vor Ablauf der Frist beim Gericht eingegangen ist. Die Klage kann auch durch Übertragung eines
elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts erhoben
werden. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht
geeignet sein. Es muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der
verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 55a Absatz 4 VwGO eingereicht werden. Die für die Übermittlung und Bearbeitung geeigneten technischen Rahmenbedingungen bestimmen sich nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) vom 24.11.2017 (BGBl. I S. 3803). Die Klage muss den/die Kläger/in, den/die Beklagten und den Streitgegenstand bezeichnen. Sie soll einen bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben werden, der angefochtene Bescheid soll in Urschrift oder in Abschrift beigefügt werden. Der Klage nebst Anlagen sollen so viele Abschriften beigefügt werden, dass alle Beteiligten eine Ausfertigung erhalten können.
Falls die Frist durch das Verschulden eines/einer Bevollmächtigten versäumt werden
sollte, würde dessen/deren Verschulden Ihnen zugerechnet werden.
Hinweis:
Hinweise zur Klageerhebung in elektronischer Form und zum elektronischen
Rechtsverkehr finden Sie im Internet unter www.justiz.de.
Wesel, den 18.03.2020
Stadt Wesel
Die Bürgermeisterin
gez.
Ulrike Westkamp