Inhalt

Gedenkveranstaltung an die Pogromnacht 1938 am 9. November 2024, 19:00 Uhr

Auf der Bühne des Städtischen Bühnenhauses

Seit vielen Jahren organisieren der Jüdisch-Christliche Freundeskreis Wesel e.V. und die Stadt Wesel gemeinsam eine Gedenkveranstaltung zur Erinnerung an die Geschehnisse in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938.

Schauspielerin Lara Pelzer und Theaterleiter Paul Borgardts lesen aus historischen Dokumenten und aus Briefen der Töchter von Margarete Brandenstein-Zaudy, Nelly und Luise, und deren Hauslehrerin Martha Benjamin an ihre Freundin Luise Scheper. Die Briefe dokumentieren, wie die täglich zunehmende Ausgrenzung das Leben der jüdischen Mitbürger*innen auch in Wesel bestimmte. Hier nahmen Verfolgung, Vertreibung und Ermordung der jüdischen Bevölkerung ihren Anfang.

Die Veranstaltung findet am Samstag, 9. November 2024, 19:00 Uhr, im Städtischen Bühnenhaus Wesel statt. 

Nach der Vorstellung findet der traditionelle Lichtergang zum jüdischen Mahnmal am Willibrordi-Dom statt.

Wer an der Gedenkveranstaltung teilnehmen möchte, ist herzlich eingeladen, ins Städtische Bühnenhaus zu kommen. 

Die Hintergründe, die zur Reichspogromnacht führten, und die Geschehnisse in dieser Nacht gelten gemeinhin als die am besten dokumentierten Ereignisse der nationalsozialistischen Zeit. Folgende Tatsachen gelten inzwischen als unabweisbar: 

  1. Die Aktionen des 9. und 10. November 1938 waren von oben zentral angeordnet.
  2. Sie waren nicht längerfristig geplant oder vorbereitet, sondern kurzfristig nach dem Bekanntwerden des Attentats von Paris initiiert worden.
  3. Sie wurden in erster Linie von Parteistellen der NSDAP und Einheiten der SA sowie Behörden insbesondere der Polizei und Feuerwehr durchgeführt.
  4. Nach ihrer Ingangsetzung nahmen auch nicht organisierte Menschen in fast allen Städten in nicht unerheblichem Maß an den Ausschreitungen teil; dies gilt insbesondere für die Plünderung jüdischer Geschäfte und Wohnhäuser, aber auch für tätliche Angriffe und körperliche Misshandlungen.

Das Novemberpogrom fällt in eine historische Konstellation, in der die "Judenpolitik" des nationalsozialistischen Regimes an einem Wendepunkt angelangt war. Es markiert Anfangs- und Endpunkt einer unmenschlichen, barbarischen Entwicklung. Die Reichspogromnacht vom 9. November 1938 steht für den Antisemitismus in Deutschland und den Wandel hin zu einer Entwicklung, die in der Entrechtung, Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden gipfelte. Am Ende stand die unfassbare Zahl von 6 Millionen ermordeter Menschen jüdischen Glaubens. 

Auch in Wesel wurden in jener Nacht zahlreiche Geschäfte jüdischer Inhaber geplündert und zerstört, Jüdinnen und Juden in ihren Wohnungen in „Schutzhaft“ genommen und ihre Wohnungen ebenso verwüstet wie das jüdische Gemeindehaus am Willibrordiplatz. Am Morgen des 10. November zündete die Weseler SS die Synagoge an. Um ein Übergreifen des gelegten Feuers auf die benachbarte Altstadt zu vermeiden, stellte die Freiwillige Feuerwehr eine Brandwache. Die Weseler SA sperrte den Brandort ab. Die Verwüstungen waren nicht auf den 10. November beschränkt. 

Folge war, dass zahlreiche Jüdinnen und Juden die Ausreise beantragten. Wer blieb, wurde deportiert und ermordet. Während im Jahr 1933 noch fast 160 Menschen jüdischen Glaubens in Wesel lebten, war die einstmals so lebendige jüdische Weseler Gemeinde 1943 ausgelöscht. Alle ehemaligen Weseler jüdischen Glaubens waren geflohen, deportiert und zumeist umgebracht worden.

Ernest Kolman, gebürtiger Weseler und späterer Ehrenbürger der Stadt, erlebte die Pogromnacht in der damaligen Wohnung seiner Eltern in der Roonstraße in Köln. Die Wohnung der Eltern lag in unmittelbarer Nachbarschaft der jüdischen Synagoge. Ernest Kolman verstarb am 11. Januar 2021 im Alter von 94 Jahren in London.