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Zerstörung Wesels 1945

Mit dem gescheiterten Versuch der Alliierten, im Frühherbst 1944 bei Arnheim mit der Luftlandeoperation „Market Garden" (17.-27. September 1944) den Rhein zu überqueren, kam der Zweite Weltkrieg auch der Westgrenze des Kriegsverursachers - des Deutschen Reiches - näher. Die Stadt rückte nun in den Fokus der Alliierten. Seit dem 22. September 1944 gab es immer wieder kleinere Luftangriffe auf die Stadt, denen auch zahlreiche Menschen zum Opfer fielen. Während Kleve und Emmerich, die direkt am Kampfgebiet von „Market Garden" lagen und wie Arnheim und Nimwegen auch schwer zerstört wurden, kam Wesel vergleichsweise glimpflich davon.

Maria Himmelfahrt Kirche, 1945 zerstört
Maria Himmelfahrt Kirche, 1945 zerstört. Blick vom Großen Markt in die Feldstraße

Das änderte sich, als die Alliierten Anfang 1945 begannen, nach dem Fehlschlag bei Arnheim, den Rheinübergang am Niederrhein vorzubereiten. Die Schlacht um den Reichswald (Operation Veritable) begann am 8. Februar und endete am 22. Februar. Das gesamte linke Rheinufer kontrollierten die Alliierten erst am 11. März mit der Einnahme des Brückenkopfs Wesel, dem letzten Stützpunkt der Wehrmacht westlich des Rheins. Es gelang den Alliierten nicht, eine der beiden Weseler Rheinbrücken unversehrt einzunehmen. Sie bereiteten sich nun zwei Wochen auf den Operation „Plunder" genannten Rheinübergang vor, der gleichzeitig von Emmerich bis Dinslaken erfolgen sollte. Wesel war ein wichtiges Ziel sowohl als Verkehrsknotenpunkt, weil hier unter anderem eine Eisenbahnlinie über Münster nach Berlin führte, als auch als Garnison- und Lazarettstadt, in der sich größere Einheiten der Wehrmacht aufhielten. Zudem hatte Hitler die Stadt wie andere Städte auch zur Festung erklärt und eigens einen Festungskommandanten geschickt, was natürlich ihren militärischen Charakter besonders betonte.

Am 1. Februar 1945 bombardierte die alliierte Luftwaffe die Stadt. Getroffen wurden vor allem die Hohe Straße von der Pergamentstraße bis zur Post am Berliner Tor sowie die Gegend rund um den Entenmarkt. Am 10. Februar traf es die Korbmacherstraße und die Gegend um das Amtsgericht in der Ritterstraße. Am 14. Februar wurde die zuletzt häufiger bombardierte Rheinbabenbrücke getroffen und war für Fahrzeuge nicht mehr passierbar.

Brückstraße, 1945 zerstört
Brückstraße, 1945 zerstört

Gegen Mittag des 16. Februar wurde zuerst Rees und dann Wesel von Bomberverbänden angegriffen. In mehreren Wellen warfen sie Bombenteppiche und zerstörten große Teile der historischen Innenstadt sowie die angrenzenden Wohngebiete im ehemaligen Festungsbereich. Die Stadt brannte, obwohl keine Brandbomben geworfen wurden, wegen der umgestürzten Öfen an vielen Stellen lichterloh. Über ihr stand eine gewaltige Rauchwolke, in deren Sog Staub und Papiere von der Stadt weit auf das Land hinaus gewirbelt wurden. Nach dem Angriff flüchteten die Menschen in Scharen aus der brennenden Stadt, um in der näheren Umgebung Unterschlupf zu suchen. Die Zurückbleibenden versuchten trotz der immer wieder explodierenden Bomben mit Zeitzündern Verletzte zu bergen und Verschüttete zu befreien. Die Straßen lagen voller Schutt, die Brände konnten wegen Wassermangels nicht gelöscht werden. Einzig am Großen Markt standen noch, wenn auch erheblich beschädigt, die Häuser. Der Willibrordi-Dom hatte, im Gegensatz zu den anderen Kirchen, keine schwereren Treffer erhalten.

Am nächsten Tag gab es bei schlechter Sicht keine Angriffe auf Wesel, wohl aber auf Obrighoven; die Menschen suchten in den Trümmern, bargen ihre Nachbarn und Verwandten, Habseligkeiten und versuchten, eine Abmeldung zu bekommen, damit sie Wesel ordnungsgemäß verlassen konnten. Am 18. Februar, einem Sonntag, gingen die Bergungen weiter. Gegen Mittag gab es einen erneuten heftigen Angriff, der neben Zerstörung auch zahlreichen Helfern und Suchenden den Tod brachte. Nach diesem Angriff wollten die Überlebenden nur noch weg. Sie fanden entweder in der Umgebung eine Bleibe, fuhren zu Freunden und Verwandten oder wurden mit Zügen gen Norden und Osten evakuiert. Nur in den eher ländlichen Stadtteilen, die von der Zerstörung nicht oder kaum betroffen waren, traf man noch Einwohner an, bei denen auch etliche Ausgebombte untergekommen waren.

Am Nachmittag des 19. Februar flogen die Alliierten wieder schwere Luftangriffe auf die nun fast menschenleere Trümmerwüste. Weitere Bombardements folgten am 20. und 24. Februar sowie an verschiedenen Tagen im März - zuletzt am 23. März -, die zusammen mit dem Artilleriebeschuss die riesigen Schuttberge einer toten Stadt weiter zertrümmerten. Wenn es ruhig war, versuchte man in der Stadt die Toten zu bergen, zu identifizieren und zu beerdigen.

Bei den Angriffen starben mehr als 600 Zivilisten, zahlreiche, dem Bombardement schutzlos ausgelieferte Zwangsarbeiter, italienische Militärinternierte und mindestens 728 Soldaten. Dass nicht mehr Zivilisten starben, lag an der bereits 1944 einsetzenden Evakuierung vornehmlich von Müttern mit Kindern unter anderem nach Mitteldeutschland.

Als die Alliierten am 24. März 1945 zwischen Dinslaken und Emmerich über den Rhein setzten, um mit dem Vormarsch Richtung Berlin dem Dritten Reich das Ende zu bereiten, nahmen sie ohne nennenswerten Widerstand völlig verwüstete und von Zivilisten geräumte Städte wie Emmerich, Rees oder Wesel ein.